23. Jahrestagung des BBI / DGI-Landesverbandes Berlin-Brandenburg:Implantate etablierte Helfer bei dramatischen Gewebeverlusten

Ziel der Maßnahmen war, den oft extrem geschädigten Menschen wieder
Teilnahme am Leben zurückzugeben und wichtige Funktionen
wiederherzustellen. „Auch uns Mund-Kiefer-Gesichts-Chirurgen bleibt
manchmal kurz der Atem stehen, wenn wir solche Fälle in unsere Praxis
oder Klinik bekommen, wenn von einem Gesicht oft nur noch die Hälfte da
ist“, sagt Prof. Dr. Dr. Volker Strunz, BBI/DGI-Landesvorsitzender
Berlin-Brandenburg und Veranstalter dieses Schwerpunktes, „aber wir
wissen, was wir heute mit den Möglichkeiten der Implantologie alles
über Zahnersatz hinaus leisten können. Das ist wichtig für klassisch
implantierende Kollegen, denn sie sehen hier, welches Potential unser
Fach hat. Sie entwickeln dann vielleicht selbst zusammen mit Kollegen
individuelle Lösungen für Patienten mit besonderen Bedürfnissen, und
solche Erfahrungen bringen unser Fach in vielerlei Hinsicht voran.“
Eindrucksvoll wurde deutlich, dass die Rekonstruktionen schwer
zerstörter Gesichter das Zusammenspiel erfahrener Kollegen aus
Zahnmedizin, Chirurgie, Implantologie, Epithetik, oft auch
Hals-Nasen-Ohrenheilkunde und weiterer Disziplinen verlangt: „Wir
müssen alle in solchen Situationen Grenzen überwinden, oft auch unsere
eigenen, und gemeinsam die Idee entwickeln, was erreichbar sein kann –
und dann schrittweise gemäß backward-planning darauf hinarbeiten.“
Vom Bildhauer zum Epithetiker

Eine besonders eindrucksvolle Fall-Präsentation lieferte Dr. Gerolf
Gehl, Schweiz. Er sei von Haus aus Bildhauer, genauer: Plastiker, und
habe sich aus diesem Blickwinkel für den menschlichen Körper
interessiert. Nach seinem Zahnmedizinstudium verbinde er jetzt seine
beiden Expertisen unter anderem in der Epithetik: „Auch als Zahnarzt
müssen wir ja gestalten.“ Was Implantologie und plastisches Verständnis
leisten können, zeigte sich am Fall eines von einem Bären zerfleischten
Försters. Mit Hilfe von Implantaten, Mini-Magneten und selbst
entwickeltem Gewebe-Stützgittern zeigte Dr. Gehl die verschiedenen
Schritte zu einem funktionstüchtigen Gesicht. Weniger die Ästhetik
stehe im Vordergrund als vielmehr die Wiederherstellung von Funktionen
wie Nahrungsaufnahme und Atmung. Dass der Patient sich wieder unter
Menschen traue, sei die schönste Belohnung. Bei der anschließenden
Diskussion, die deutlich Sachverstand erforderte, erinnerte Prof.
Strunz erinnerte an die Periimplantitis-Problematik, von der auch
Epithetik-Fälle nicht verschont blieben, an das Problem der Alterung
von Kunststoffen und natürlicher Veränderungen im Gesicht. Deutlich
wurde, dass viele Lösungen nur möglich sind durch kreative
Eigenentwicklungen in Zusammenarbeit mit erfahrenen Unternehmen.

Implantate – auch bei bestrahlten Tumorpatienten?

Ein Thema, das bei einer älter werdenden Bevölkerung und steigender
Anzahl an Turmor-Therapien immer relevanter wird, ist die Frage
möglicher Prothetik für diese Patienten. Hier dürfe sich nicht nur die
Frage nach ausreichend vorhandenem Knochen für eine Implantation
stellen, so Prof. Schliephake, sondern gefragt werden müsse auch, ob
der Patient beispielsweise noch Nahrung bei sich behalten kann, wenn
die halbe Zunge fehlt. Mittlerweile könne auch Patienten unter
Bestrahlung eine implantatgetragene Lösung ermöglicht werden – mit
nicht gar so schlechten Erfolgsaussichten bei eher niedriger
Bestrahlungsdosis. Bei Überschreiten des Grenzwertes von 50 Gy sinke
die Erfolgsquote allerdings deutlich. Dennoch war seine Botschaft zum
Thema Implantate bei bestrahlten Tumorpatienten eindeutig: „Das
Weichgewebe ist durch die Bestrahlung mehr geschädigt als der Knochen.
Einer implantatgetragenen Versorgung ist daher der Vorzug zu geben
gegenüber einer schleimhautgetragenen Alternative.“

>>> Neu: DGI-Golfcup / Wanderpokal 2009 bleibt in Berlin

Auf Initiative des BBI/DGI-Landesverbandes Berlin-Brandenburg fand
erstmals ein Golfturnier als Kongress-Abschluss statt: „Implantieren
ist Networking, und Golfen ist es auch – das passt gut zusammen, und es
ist ein schöner Ausklang nach dieser anspruchsvollen Jahrestagung“, so
Initiator und Golf-Fan Prof. Strunz. Zum Turnier auf dem
Meisterschaftsplatz am Seddiner See hatten sich 65 Kongressteilnehmer
angemeldet. Bei schönstem Wetter erkämpfte sich Dr. Waldemar Goldin,
Berlin, BBI/DGI-Mitglied, den neuen DGI-Wanderpokal – er bleibt also
erst einmal in der Hauptstadt und steht bei der DGI-Jahrestagung 2010
erneut zur Disposition.

Letzte Aktualisierung am Mittwoch, 22. Juli 2009