20 Jahre DGÄZ: „INTERNA“ mit neu strukturiertem Konzept

Mit „Liebe Freunde“ begrüßte Tagungsleiter und DGÄZ-Pressesprecher Wolfgang-M. Boer das Auditorium, und dieses dankte dafür mit zustimmendem Beifall. Die besondere Athmosphäre hat auch Professor Sader in seinem Grußwort zur Eröffnung unterstrichen: „Die INTERNA lebt vom ehrlichen und persönlichen Kontakt, wie er bei Großveranstaltungen gar nicht möglich wäre.“ Dieser ehrliche Kontakt zeige sich auch in den Präsentationen: „Wir haben für Sie nicht nur Sonntagsfälle vorbereitet – sondern Montags-Dienstags-und-Mittwochs-Fälle!“ Es seien nicht zuletzt die Kompromisslösungen, die „tägliches Brot in unserer Praxis sind.“ Die DGÄZ pflege den Dialog Hochschule und Praxis eng und auf Augenhöhe: „Wir wollen, dass Sie besser und sicherer werden – Ihre und unsere Erfahrungen bringen uns gemeinsam voran.“

Zeit als wichtiger Faktor

Den roten Faden „Alltagsfälle“ nahm Prof. Dr. Roland Frankenberger/Marburg gleich auf als Einstieg in seinen Vortrag zur adhäsiven Befestigung von Inlays, Onlays und Stiften: „Es klappt nicht alles immer gleich auf Anhieb, das habe auch ich so erlebt.“ In Sachen Adhäsion plädierte er für den Faktors „Zeit“: „Immer wenn versprochen wird, es geht alles in 15 Sekunden – dann ist das eher dubios.“ Zeit zähle auch bei Produkten: „Manches Produkt ist schon 20 Jahre auf dem Markt – und das wird seinen Grund haben.“ Interessant seine lokale Erhebung bei den Tagungsteilnehmern zur Verbreitung von Komposit im eigenen Mund: Hier meldeten sich nur wenige. Bei der Frage nach Keramik waren es deutlich mehr, und die meisten Hände gingen bei Gold in die Höhe. Professor Frankenberger: „Das ist die La-Ola-Welle – noch immer.“

Zeit war auch ein Leitthema im Vortrag von Prof. Dr. Daniel Edelhoff/München: „In den vergangenen 20 Jahren haben wir deutlich mehr Respekt vor dem Zahnschmelz als wertvoller Substanz gelernt.“ Die geänderte Einstellung sei auch notwendig: „Noch nie wurden Zähne in ihrer Funktion so alt wie heute.“ Bei exponiertem Dentin käme die Zahnmedizin an die Grenzen der Adhäsivtechnik: Eine Behandlung müsse erfolgen, so lange noch ausreichend Substrat vorhanden sei, um die geplante Versorgung sicher kleben zu können. Als überzeugter, aber kritischer Keramik-Fan „outete“ sich DGÄZ-Generalsekretär Dr. Alessandro Devigus/Bülach/CH in seiner Präsentation zum Einsatz geschichteter Keramiken in der CAD/CAM-Zahnmedizin: Bei allen deutlichen Vorteilen digitaler Abdrucknahme dürfe man aber die neuen Möglichkeiten nicht überschätzen: „CAD/CAM macht nicht alles von alleine – man braucht auch hier fachliches Können!“ Sein Credo: Die Zahnmedizin der Zukunft ist ganz klar digital unterstützt.

Reizvoller Trend: Doppelvorträge

Doppelvorträge können spannend sein: Das zeigte am Samstag ein grandios vorbereiteter Vortrag von Zahnärztin Dr. Alexandra Kreisl/Starnberg und Kieferorthopädin Dr. Elisabeth Menzel/Herrsching. Das Auditorium wurde schrittweise in die Planungen zum Verlauf eines interdisziplinären Behandlungskonzeptes einbezogen: „Ich überlege, was ich hier tun könnte – und frage mich, welche Idee meine Kollegin wohl hierzu hat?“ So ging es in einer Art fachlichem Ping-Pong bis zum einrucksvollen Endergebnis mit guter Zukunftsprognose. Anhaltender Beifall der vom gelebten Team-Konzept begeisterten Tagungsteilnehmer.

Sehr spannend auch das „Duett“ zum Thema Ästhetik von Zahnärztin Dr. Uta Steubesand/Hürth und DGÄZ-Vizepräsident ZTM Ralf Bastiers/Berlin: „Was ist schön? Sprechen wir eine Sprache?“ Ein wichtiger Aspekt von Dr. Steubesand: „Die Seele braucht Zeit, um sich zu finden“ – sie gebe Patienten daher zuerst eine visualisierte Planung mit nach Hause. Ein klassisches Beispiel für ein Missverständnis von „schön“: „Aus unserer Sicht ist eine gemalte Keramik natürlich und ästhetisch – aber der Patient fragt: Was sollen diese dunklen Nikotinlinien am Zahnhals?“

Das Duo Dr. Marcus Striegel und Dr. Thomas Schwenk/Nürnberg betonte in seinem Beitrag „Kleiner Eingriff – große Wirkung – minimalinvasive Kronenverlängerung“ die Wichtigkeit einer stimmigen „roten Ästhetik“ und zeigte die „Harmonisierung“ des Zahnfleisches durch eine chirurgische Kronenverlängerung. In manchen Fällen sei kieferorthopädisches Vorgehen allerdings ein minimalinvasiverer Weg mit eindrucksvoller Erfolgsquote. Einen Doppelvortrag gab es auch aus dem Bereich Zahntechnik: ZTM German Bär/St. Augustin und ZTM Axel Gütges/Mönchengladbach berichteten über Vor- und Nachteile von gepresster und geschichteter Keramik. Weitere praxisnahe Facetten in das Programm der INTERNA brachten die Einzelvorträge von ZTM Otto Prandtner/München („Patient wollte ein spektakuläres Lächeln“), Dr. Meric Prause/Delmenhorst („CMD-Risiko-Patienten filtern leichtgemacht“), Dr. Hanni Lohmar/Bonn („Vorstellung des Prüfungsfalles des Curriculums“) und Dr. Dusan Barac/Bad Homburg („Zirkonoxid am Beispiel herausnehmbarer Brücken beim Vollbezahnten – gibt es überhaupt noch Limits?“).

„Die Idee zur INTERNA hatte ich, weil mir immer wieder Kollegen überragende Fälle zeigten, sich aber nicht trauten, diese einem großen Publikum vorzustellen,“ sagt Wolfgang-M. Boer, „wir haben deshalb im Kreis der DGÄZ-Familie ein wunderbares und sehr erfolgreiches Forum für dieses Können geschaffen.“ Passend das Kompliment von Referentin Dr. Lohmar zu Beginn ihres Vortrages: „Ich bin sehr gerne in der DGÄZ – es gibt hier einen aktiven Kontakt zur Praxis, das finde ich sehr gut!“ Der große Beifall aus dem Auditorium zeigte deutlich, dass sie mit dieser Aussage nicht allein in der Westerburger Stadthalle war. Die „DGÄZ-Familie“ feierte anschließend das Jubiläum mit einem eindrucksvollen Fest und langem Feuerwerk zusammen mit ihrem Ehrenmitglied Dr. Diether Reusch auf Schloss Westerburg.

Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 07. Juli 2011