Wie wichtig ist das Knochenangebot für den Implantaterfolg?

Der menschliche Knochen besteht aus einer festen Außenschicht (Kompakta) und einem weicheren Zentrum (Spongiosa), das eine waben-schwammartige Struktur hat. Die Spongiosa im Inneren enthält die aktiveren Anteile und ist für die Knocheneinheilung der Implantate (Osseointegration) im Wesentlichen verantwortlich. Zwar ist die Verankerung des Implantats durch den Knochen dabei ein aktiver biologischer Prozess und damit anders als eine Schraube ins Holz einzudrehen. Aber die Einheilung funktioniert erfolgreicher, wenn der Knochen eine gute biologische Aktivität und Stabilität aufweist und die Knochenmenge stimmt. Ein dünnes Implantat in weichem Knochen, das schon beim Eindrehen keinen Widerstand erfährt und nicht fest ist, wird wahrscheinlich auch nicht fest werden.

Computertomographie/DVT: Genaue Beurteilung des Knochenangebots vorab möglich.

Welche Knochenmenge braucht ein Implantat?

Für eine erfolgreiche Implantation ist es notwendig, dass das Implantat von einer ausreichenden Knochenmenge umgeben ist. Dies gilt sowohl für die Knochenbreite (horizontales Knochenangebot), als auch für die Höhe (vertikales Knochenangebot). Ein Implantat sollte am besten 1-2mm lippen- und zungenseitig vom Knochen umfasst werden. Wenn der Knochen dünner ist, der das Implantat bedeckt, so besteht das Risiko, dass er verloren geht. Hier spielt wohl die Ernährung des Knochenabschnitts eine Rolle, die bei einer dünnen Knochenlamelle schlechter ist.

Durchschnittliche Implantate haben eine Durchmesser von ca. 4mm. Das fordert, dass der Kieferknochen für ein solches Implantat über 6mm breit sein muss, damit das Implantat sicher im Knochen liegt. Ist der Knochen schmaler, müsste ein dünneres Implantat gewählt werden oder ein Knochenaufbau durchgeführt werden.

Breiter Knochen = dickes Implantat?

Je mehr Knochen vorhanden ist, desto größer und länger kann im Grunde auch das Implantat gewählt werden, und desto größer scheint auch die Belastbarkeit zu sein. Sehr große Durchmesser bedingen aber den Nachteil, dass sich die Ernährungs-/Durchblutungssituation des Knochens verschlechtern kann. Knochenabbau könnte die Folge sein. Auch scheinen Implantatlängen von über 9-10mm keinen positiven Einfluss auf die Langlebigkeit von Zahnimplantaten zu haben. Größer und länger bedeuten also nicht unbedingt besser.

Ob es nun besser ist, bei einer Knochenbreite von 6mm ein 4mm-Implantat oder ein dünneres, vielleicht nicht ganz so belastbares Implantat zu wählen, werden Implantologen unterschiedlich beurteilen. Die Wahl der richtigen Implantatgröße im Verhältnis zum Knochen ist in jedem Fall eine sensible Entscheidung. Was die Länge angeht, braucht man durch die guten Ergebnisse von kurzen Implantaten (unter 10 bis ca. 6mm) auch  bei einem geringeren Knochenangebot keine schlechte Implantatprognose zu befürchten. Das haben die Erkenntnisse der letzten Jahren gezeigt.

Zu geringes Knochenangebot? Knochenaufbau!

Wenn sich das Knochenvolumen stark zurück gebildet hat (Atrophie), kann der Knochen aufgebaut werden. Dafür stehen verschiedene, gut dokumentierte Optionen zur Verfügung. Ein solcher Knochenaufbau erreicht in der Regel aber nicht die Qualität des natürlichen, ortsständigen Knochens, was bei der Einheilzeit und der Planung der Belastung mit Zahnersatz berücksichtigt werden muss.

Knochenaufbau: erfolgreich aber nicht so gut wie gutes eigenes Knochenangebot

Knochenqualität hat Einfluss auf die Haltbarkeit

War an der Implantationsstelle ein chronisch erkrankter Zahn, so kann der Knochen verändert oder seine Reaktionsfähigkeit auf das Implantat eingeschränkt sein. Reaktionsfähigkeit und Qualität des Knochens sind vor einer Implantat-OP jedoch nicht sicher zu bestimmen.

Weiter ist es wichtig, dass der Knochen eine genügend feste Knochenstruktur mit aktiven Knochenzellen hat. Je weicher der Knochen ist und je weniger Knochenzellen vorhanden sind, desto geringer ist natürlich auch die Stabilität und das Potential, ein Implantat sicher zu verankern (Osseointegration). Bei sehr schwacher Knochenstruktur spricht man von Osteoporose. Auch zu wenig innere Spongiosa bei zu starker Kompakta, also zu fester Knochen, kann für die Einheilung ungünstig sein, da die Durchblutung dieses Knochentyps geringer ist und es beim Bohren aufgrund der Knochenhärte überdurchschnittlich häufig zu Hitze- oder Druckverletzungen des Knochens kommen kann.

Unterkieferknochen meist besser als Knochen im Oberkiefer

In diesem Zusammenhang hat der Ort der Implantation auch Einfluss auf das Ergebnis, da z.B. der Knochen im menschlichen Oberkiefer weniger dicht ist, als im Unterkiefer. Dementsprechend ist die Erfolgsquote von Implantaten im Oberkiefer im Durchschnitt etwas geringer als im Unterkiefer.


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Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 11. Juli 2024