Sofortimplantation, Frühimplantation oder Spätimplantation: der beste Zeitpunkt

Wenn eine Zahnentfernung planbar ist, dann stellt man sich als Behandler und Patient die Frage nach dem besten Zeitpunkt für die Implantation. Für den Einbringzeitpunkt von Implantaten gibt es dabei grundsätzlich 4 verschiedene Konzepte:

  1. die Sofortimplantation, in gleicher Sitzung mit der Zahnentfernung
  2. die verzögerte Sofortimplantation nach einigen Tage bis ca. 2 Wochen nach Zahnentfernung, aber vor Abheilung des Weichgewebes
  3. die Frühimplantation nach Weichteilheilung aber vor knöcherner Ausheilung des Zahnfachs (einige Wochen nach Zahnentfernung) und
  4. die Spätimplantation, nach knöcherner Ausheilung des Zahnfachs.

Der optimale Zeitpunkt für die Implantation kann dann je nach Situation und Patient ein anderer sein. Dabei spielen biologische Aspekte eine Rolle, aber auch ästhetisch- prothetische Argumente sind zu berücksichtigen. Folgende Leitlinien stützen sich auf die bisherigen wissenschaftlichen Erkenntnisse:

Wann ist der optimale Zeitpunkt für ein Implantat?

Die Sofortimplantation

Bei der Sofortimplantation erfolgt das das Einbringen des Implantats in der gleichen Sitzung mit der Zahnentfernung. Sie ist ein rein chirurgisches Konzept. Als prothetische Varianten danach sind die unbelastete Einheilung (klassisches Vorgehen) oder die Sofortversorgung (evtl sogar mit Sofortbelastung) möglich.

Voraussetzungen

  • eindeutige anatomisch-prothetische Position (i.d.R. einwurzeliger Zahn)
  • entzündungsfreies Zahnfach (Alveole)
  • stabile knöcherne Wand lippenseitig
  • stabile Weichteilsituation ("dicker" Zahnfleischtyp)
  • fortgeschrittene implantologische Fähigkeiten des Behandlers

Vorteile:

  • verkürzte Behandlungsdauer
  • reduziertes Operationstrauma
  • reduzierter Behandlungsstress für den Patienten
  • unter Berücksichtung der Voraussetzung: gutes ästhetisches Ergebnis

Nachteile:

  • erhöhtes Risiko des Implantatverlustes (Restentzündung?)
  • ästhetisches Risko nur bei idealen Voraussetzungen kalkulierbar
  • erschwertes Handling
  • Knochenaufbau durch geringes Weichgewebeangebot (zur Deckung) erschwert

implantate.com-Fazit:

Häufig begegnet man mittlerweile groß aufgemachter Werbung von implantologischen Kliniken und Praxen, bei der es nur um das Thema "Sofort" geht. Computerplanung, 3D-Navigation, Sofortimplantate oder Sofortbelastung sind hier die Schlagworte. Solche Versprechen ohne genaue Kenntnis der Patientenvoraussetzungen sind als unseriös einzustufen. In der Hand des erfahrenen Implantologen allerdings -und unter den richtigen Voraussetzungen- kann die Sofortimplantation ein erfolgreiches Konzept darstellen, um vor allem einwurzelige Zähne zu ersetzen.
Neuere Untersuchungen zeigen keinen sicheren Beleg für den beworbenen Knochenerhalt und bessere ästhetische Ergebnisse. Im Gegenteil. Durch den genetisch vorbestimmten Abbau der lippenseitigen Knochenwand nach Zahnentfernung haben Sorfortimplantationen ein erhebliches Risiko. Wenn die Voraussetzungen nicht optimal sind, dürfte es auf jeden Fall besser sein, auf ein 2-schrittiges Verfahren, wie die Frühimplantion oder sogar Spätimplantation auszuweichen.  
Eine schon einige Tage vor dem Eingriff beginnende Antibiotkaprophylaxe dürfte bei der Sofortimplantation Vorteile haben, eine gesicherte Erkenntnis hierzu gibt es nicht.

Die verzögere Sofortimplantation

Bei der verzögerten Sofortimplantation wird das Implantat nicht in gleicher Sitzung mit der Zahnentfernung (Sofortimplantation) aber vor Weichgewebsheilung (Zahnfleisch hat sich über der Wunde noch nicht geschlossen, vergleiche Frühimplantation). Je nach Zeitfenster zwischen Entfernung des Zahns und Einbringen des Implantats sind die Vor- und Nachteile des verzögerten Einbringens eher mit denen der Sofortimplantation oder denen der Frühimplantation zu vergleichen.

implantate.com-Fazit:

Mit der verzögerten Sofortimplantation hat der Behandler die Möglichkeit, einen schnellen Versorgungszeitraum anzubieten, wenn eine deutliche Entzündung am Zahn vorliegt. Für ein erfolgreiches Ergebnis sind die Voraussetzungen der Sofortimplantation zu beachten.
Wenn ein Knochenaufbau notwendig sein sollte, ist ein Abwarten bis zur Weichteildeckung (Früh- oder Spätimplantation) sinnvoll.

Die Frühimplantation

Das Konzept der Frühimplantation beinhaltet ein Abwarten der Weichteldeckung (Zahnfleischheilung) ohne dass Knochenheilung und -umbau abgeschlossen sein müssen, was sich auf eine Zeit zwischen 4 bis 8 Wochen nach Extraktion bezieht. Durch diese Voraussetzung können die Knochenverhältnisse gut beurteilt und Knochenaufbau-Massnahmen  (Konturaugmentationen) zielgerichtet und sicher durchgeführt werden. Da etwaige Entzündungen ausgeheilt sind, das Knochenvolumen aber noch günstig ist, gilt die Frühimplantation als risikoarm und empfehlenswert.

Vorteile:

  • geringes Risiko einer Restentzündung
  • sicheres Knochenangebot
  • geschlossene Zahnfleischdecke erleichtert Knochenaufbaumaßnahmen
  • exaktere Planung des Eingriffs möglich

Nachteile:

  • verlängerte Behandlungsdauer gegenüber Sofortimplantationen

implantate.com-Fazit:

Mit der Frühimplantation hat der Behandler die Möglichkeit, Knochen erhaltend zu implantieren, einen zeitlich noch günstigen Versorgungszeitraum anzubieten und doch die ästhetische Risiken der Sofortimplanation durch unerwarteten schnellen Knochenabbau zu minimieren. Durch die Weichteilheilung können auch Knochenaufbaumassnahmen sicher durchgeführt werden.

Die Spätimplantation

Spätimplantation nach Abheilung von Zahnfleisch und Knochen

Die Spätimplantation ist das klassische Verfahren der Implantateinbringung in einen knöchern vollständig durchbauten Kieferabschnitt. Eine solche knöcherne Ausheilung kann nach Zahnentfernung je nach Defektgröße und Alter des Patienten zwischen 8 Wochen und einigen Monaten liegen.
Die Spätimplantation ist eine chirurgische Strategie. Als Zahnersatzoptionen kommen sowohl die unbelastete Einheilung der Implantate (klassisches Konzept) als auch die Sofortversorgung (evtl. mit Sofortbelastung) infrage. 

Vorteile:

  • geringes Risiko einer Restentzündung
  • sicheres Knochenangebot
  • geschlossene Zahnfleischdecke erleichtert Knochenaufbaumaßnahmen
  • exaktere Planung des Eingriffs möglich

Nachteile:

implantate.com-Fazit:

Trotz jeder Diskussion um den bestmöglichen Zeitpunkt der Implantation wird dieses Vorgehen ein Standardverfahren bleiben, da Zahnverluste selten mit der optimalen Implantat-Behandlungsplanung einhergehen. Im ästhetisch sensiblen Frontzahnbereich kann man der Spätimplantation nur wenige Vorteile abgewinnen. Hier sollte man Implantate besonders zügig (Sofortimplantation in ausgewählten Fällen, Frühimplantation) einbringen oder andere Maßnahmen zum Knochenerhalt einleiten (Socket Preservation).
Vor allem nach Entfernung mehrwurzeliger Zähne dürfte es sicherer sein, auf "hippe" Schnelligkeit zu verzichten und der klassischen Spätimplantation den Vorzug zu geben.

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Literatur

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Bhola M, Neely AL, Kolhatkar S., Immediate implant placement: clinical decisions, advantages, and disadvantages, J Prosthodont. 2008 Oct;17(7):576-81.
ITI Konsensus Konferenz 2008 (Stuttgart) und 2013 (Bern) 
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Letzte Aktualisierung am Montag, 13. Februar 2023