Das Frontzahnimplantat

Eine Zahnlücke im Frontzahnbereich durch ein Implantat zu versorgen ist fast immer eine Herausforderung und stellt eine Sonderform des Einzelzahnimplantats dar. Beim Frontzahnimplantat geht es nicht alleine darum, die Kaufunktion wiederherzustellen oder eine Lücke zu schließen. Schneidezähne sind nun mal erster Blickfang und spielen eine entscheidende Bedeutung für das ästhetische Empfinden, das Lächeln, sogar für unser Selbstbewusstsein und Verhalten. Den "Mut zur Lücke" mag  in der heutigen Gesellschaft wohl kaum jemand bei einem fehlenden Schneidezahn aufbringen. Es ist in jedem Fall eine ganz besondere Aufgabe, ein perfektes Lächeln bei einer Frontzahnlücke wieder zurückzugeben.

Frontzahnlücke bereits mit Implantat versorgt
Hier stimmt alles: gutes Knochenangebot, dickes Zahnfleisch und perfekte Implantatkrone.

Faktoren für den ästhetischen Erfolg eines Schneidezahnimplantats

1. Die Lachlinie

Gerade weil bei den Schneidezähnen die Ästhetik derart im Fokus steht, müssen viele Faktoren beachtet werden. Ist beim Lächeln der Übergang zwischen Zahn (Implantat) und Zahnfleisch zu sehen? Bei einer niedrigen Lachlinie (der Zahnfleisch-Zahnübergang wird beim Lächeln von der Lippe vollständig verdeckt), ist die Problematik der perfekten Ästhetik weniger schwer zu lösen, als wenn beim Lächeln "alles" gezeigt wird (hohe Lachlinie). Entscheidend für den ästhetischen Erfolg sind dann:

2. Die Knochenmenge

Der Kieferknochen bestimmt die Kontur des Bereichs, den Zahnfleischverlauf und die Möglichkeiten der Implantatplatzierung. Wenn der Knochen in Höhe (vertikal) und/oder Dicke/Breite (transversal/sagittal) nicht ausreichend ist (typisch z. B. nach einer Wurzelspitzeresektion/WSR, dünnem Zahnfleisch oder langem Zahnverlust), ist meist ein Verlust des Kieferknochens eingetreten und damit ein Knochenaufbau für ästhetisch gute Frontzahnimplantate unumgänglich.

3. Die Zahnfleischdicke

Es gibt genetisch bedingt "dickes" Zahnfleisch und zarteres Gewebe. Nach Zahnverlust baut sich der Knochen bei dünnem Zahnfleisch deutlich schneller ab, als beim dicken Typus. Der dicke Zahnfleischtyp ist für eine befriedigende Ästhetik also klar im Vorteil. Ein weiterer Vorteil von dickerem Zahnfleisch ergibt sich aus der geringeren Transparenz. Implantate und Implantataufbauten sind in der Regel nicht exakt zahnfarben, Titan ist dunkel und Zirkonoxid weisslich, so dass es bei Schneidezahnimplantaten zum Durchschimmern von unter dem Zahnfleisch liegenden Anteilen kommen kann.

4. Der Zahnfleischverlauf

Auch individuell und nicht beeinflussbar ist der Zahnfleischverlauf. Es gibt den Normtypen, der einen flachen Zahnfleischverlauf zwischen den Zähnen zeigt (ästhetisch einfacher bei der Implantatversorgung) und den sogenannten girlandenförmigen Zahnfleischverlauf, der einen ausgeprägten Höhenunterschied zwischen Zahnfleischpapille und Zahnfleischrand mit stark bogigem Verlauf zeigt. Der genetische girlandenförmige Verlauf des Zahnfleisches bietet erfahrungsgemäss schlechtere Voraussetzungen für ein perfektes ästhetisches Resultat.

Implantat mit Keramikaufbau seitlicher Schneidezahn. Gute Zahnfleischhöhe.
Gelungenes Ergebnis bei günstiger Ausgangssituation.

Es besteht ein hohes ästhetisches Risko für ein Frontzahnimplantat bei hoher Lachlinie und:

  • Knochendefekt, Knochenmangel
  • dünnem Zahnfleischtypus
  • girlandenförmigem (hoch-runter) Zahnfleischverlauf.

Nach Knochenverlust zu hoch gesetztes Implantat: hier hilft nur eine tiefe Lippe

Der richtige Implantationszeitpunkt

Wenn es auch Implantologen gibt, die weiterhin eine besonders rasche Implantateinbringung (Sofortimplantation) für ein gutes, knochenerhaltendes Endergebnis propagieren, weisen die wissenschaftlichen Auswertungen der letzen Jahre beim Timing eher einen zurückhaltenderen Weg. Der spätere Implantationsszeitpunkt konnte da in puncto Sicherheit und ästhetischem Endergebnis durchaus punkten.

Material: Zirkonoxid-Keramik mit Vorteilen

Verblendete Titanabutments für 2 seitliche Schneidezähne. Alternativ: Keramikabutments, die aber nicht so stabil sind
Gelungenes Endergebnis für 2 seitliche Frontzähne (2er).

Um auch technische Möglichkeiten optimal auszuschöpfen wird im Frontzahnbereich auch auf die Möglichkeit von zahnfarbenen, keramischen Abutments aus Zirkonoxid zurückgegriffen, um dessen Zahnfleischfreundlichkeit und besserer Ästhetik gegenüber eines Metallabutments zu nutzen. Es gibt sie konfektioniert, doch können sie auch individuell über CAD/CAM-Fertigung in der optimalen Passform gefräst werden. Die heutzutage bevorzugten Kronen sind ebenfalls metallfrei (Keramikkronen). 

Auch kommen vermehrt Keramikimplantate in Betracht, deren Entwicklung in den letzten Jahren große Fortschritte gemacht hat.

Mini-Implantate zum Ersatz von Unterkiefer-Frontzähnen

Wenn ein Unterkieferscheidezahn verloren geht, entsteht im Knochenbereich oftmals nur eine kleine Lücke zwischen den verbleibenden Zähnen, die nur selten die Einbringung eines Normduchrmesser-Implantats (3,3-4,1mm) ermöglicht, ohne die Wurzeln der Nachbarzähne zu gefährden, oder zu wenig Knochen zu den Nachbarwurzeln übrig zu haben. Als Lösung hierfür bieten sich die mittlerweile auf dem Markt erhältlichen, schmaleren 2-teiligen Implantate (3mm-Durchmesser) oder die Verwendung von noch schlankeren, einteiligen Mini-Implantaten an.

Wenig Platz bei kleinen Schneidezähnen im Unterkiefer: Mini-Implantate

Das Provisorium für eine Frontzahnlücke

Herausnehmbarer provisorischer Zahnersatz

Ein kleiner herausnehmbarer Zahnersatz (z.B. eine Vinylprothese, Sunflex®) bedeutet einfaches Handling und geringe Kosten. Der Interimsersatz muss gut eingepasst sein, damit er nicht die Zahnfleischpapillen erdrückt oder Belastung während der Einheilphase auf das Implantat gibt.

Herausnehmbarer Interimsersatz mit zahnfleischfarbener Klammer (Vinylprothese)

Marylandbrücke

Festsitzend eingeklebt am Nachbarzahn sorgt die Klebebrücke auch als Provisorium für ein nahezu perfektes ästhetisches Resultat. Nachteile sind das erschwerte Handling bei der Implanation etc. (Abnahme und Wiedereinkleben) und die hohen Kosten.

Klebebrücke (Marylandbrücke): schönes Provisorium perfekt, aber teuer und aufwendig

Sofortversorgung/Sofortbelastung

Wenn das Implantat sehr stabil eingebracht werden kann, dann kann nach Risikoabwägung eine Sofortversorgung des Implantats mit einer provisorischen Krone (ohne Kaukontakt!) erfolgen. Überbrückt natürlich nicht die Zeit bis zur Implantation.

Siehe auch Kapitel: provisorischer Zahnersatz.

Alternativen

Bei einem Einzelzahnimplantat gibt es auch im Frontzahnbereich die bekannte Debatte um Brücke oder Zahnimplantat?
Ansonsten rückt auch die Marylandbrücke (s.o.) als dauerhafte Versorgung mehr und mehr in den Fokus. Man richtet keinen Schaden an (Zähne müssen nicht beschliffen werden), und ästhetisch gibt es -abhängig vom Zahnfleischverlauf und Knochenabbau- sehr ansprechende Ergebnisse. Von den geringeren Kosten ganz zu schweigen...

Kosten

Auch wenn grundsätzlich die Preise für ein einzelnes Implantat  gelten sollten, muss man für ein ästhetisch anspruchsvolles Implantat an einem oberen Schneidezahn meist mehr Geld auf den Tisch legen. Häufig sind vorausgehende Maßnahmen wie Knochenaufbau und/oder Zahnfleischkorrekturen notwendig. Dann erfordert die Implantatplatzierung allerhöchste Sorgfalt. Bei der Kronenfertigung sollte schon das Abutment am besten zahnfarben und ästhetisch perfekt ausgeformt sein. Farbe und Kontur der Krone dürfen auch nicht nur so ungefähr stimmen. Mit 2500€ Gesamtkosten ist man daher meist noch gut bedient.

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Literatur

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Esposito M, Grusovin M, Martinis E, Coulthard P, Worthington H., Methoden zum Ersatz fehlender Zähne: einzeitige gegen zweizeitige Implantateinbringung, Cochrane Database Syst Rev. 2007 Jul 18;(3):CD006698
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Tarnow DP, Cho SC, Wallace SS., The effect of inter-implant distance on the height of inter-implant bone crest, J Periodontol. 2000 Apr;71(4):546-9.
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Letzte Aktualisierung am Dienstag, 09. Februar 2021