Kugelkopfanker, Kugelkopfimplantate bei Zahnlosigkeit

Der Kugelanker bei 2-teiligen Implantatsystemen funktioniert nach dem Druckknopf-Prinzip, wie wir es z.B. von der Kleidung kennen. Die Matrize (engl. Ball-Housing) enthält meist ein Schnapp-Element aus Metall, das sicher zugreift (Druckknopfprinzip). Es kann im Laufe der Jahre verschleißen und im Austausch Kosten verursachen.
Das Kugelanker-Abutment wird in das Implantat eingeschraubt, die Kappe passend dazu in die Prothese eingearbeitet. Bei Aufsetzten der Prothese schnappt die Kappe über die Kugel ein und sichert so den Halt.

Kugelkopf: Schnapp-Fixierung nach dem Druckknopf-Prinzip

 

Kugelköpfe kann man direkt mit der Prothese verbinden

Nach der Einheilung der Implantate, der Freilegung, kann die Eingliederung des Zahnersatzes über 2 Optionen gehen:
a) Abdrucknahme der Implantate mittels Übertragungspfosten und Fertigung des Zahnersatzes sowie das Einarbeiten der Matrize passend zum Kugelanker im Labor. Einschrauben des Ankers (Patritze) in die Implantate (mit Drehmoment) in der Praxis und Aufsetzen der fertigen Prothese, die eingeklickt wird (indirekte Fertigung).
b) Die Prothese wird bezüglich der Zahnaufstellung und der Prothesenbasis im Labor fertiggestellt. Die Kugelköpfe werden in die Implantate geschraubt und die Matrize im Mund passend mit dem Zahnersatz verklebt (direkte Methode).

Die Implantate sollten relativ parallel zu einander stehen

Die Aufbauhöhe der Kugelköpfe und die damit verbundene erschwerte Einsetzbarkeit bei nicht parallel zueinander stehenden Implantaten (gemeinsame Einschubrichtung) sowie die teuren Verschleissreparaturen sind Nachteile der Kugelanker. Die Suche nach Alternativen hat u.a. zur Entwicklung des Locator® geführt, der den Kugelanker als häufigstes konfektioniertes Halteelement mittlerweile verdrängt hat.

Kugelkopfanker: starke Konkurrenz durch Locatoren

Vorteile von Kugelankern auf Implantaten

• sichere, bewährte Versorgung
• risikoarme Platzierung der Implantate in knochenreichen Bereichen (z.B. interforminal im Unterkiefer) möglich
• gute Pflegbarkeit der Implantate
• preisgünstige Lösung
• Reparatur und Erweiterbarkeit gegeben
• Ausgleich bei starkem Kieferknochenabbau durch zahnfleischfarbene Prothesensättel


Nachteile von Kugelkopfanker-Prothesen

  • Haltverlust durch Verschleiß, Austausch nicht kostengünstig
  • keine sichere Kippmeidung
  • Prothesengefühl
  • Aufbauhöhe der Anker problematisch bei
    - disparallelen Implantaten
    - geringem vertikalen Platzangebot (Bisshöhe)

Einteilige Kugelkopfimplantate

Neben der Möglichkeit, bei einem zweiteiligen Implantatsystem einen Kugelkopf als Anker in das Implantat einzudrehen (und die Option, den Kugelkopf auszutauschen oder durch ein anderes Abutment zu ersetzen), gibt es auch einteilige Implantate, die bereits den Kugelkopf integriert haben, die Kugelkopfimplantate. Diese Systeme gibt es schon seit Jahrzehnten auf Basis der Philosophie, dass für die Verankerung einer Prothese ein einteiliges Kugelkopfimplantat die einfachste und kostengünstige Option darstellt.

Miniimplantate als preiswerteste Lösung

Einteilige Mini-Implantate, Kugelkopf integriert

Die meisten Mini-Implantatsysteme gehören in diese Gruppe der Kugelköpfe. Der vielleicht älteste Vertreter dieser Gruppe in Deutschland ist die Bauer-Schraube®. Sie lässt sogar die Option zu, die Kugeln durch eine spezielle Biegetechnik am Implantathals im Nachhinein auszurichten, um die Einschubrichtung für das Einsetzten der Prothese zu verbessern.
Bei den Mini-Kugelkopfankern ist das Druckknopfsystem mit einer fest einrastenden Komponente in der Matrize nicht verbreitet. Hier sorgen O-Ringe aus Gummi in den Matrizen für den entsprechenden Halt auf den Implantaten. Diese sind kostengünstig austauschbar, liefern letztendlich aber keinen 100%igen Widerstand gegen exzentrische Druckbelastung, z.B. gegen Kippen bei Belastung der hinteren Prothesensättel.

Vorteil von Kugelkopfimplantaten

  • reduzierte Kosten durch
    - geringere Implantatkosten
    - einfacheres chirurgisches Vorgehen
    - geringeren Aufwand für Zahnersatz
  • Sofortversorgung
  • wenig belastender Eingriff
  • preiswerte Reparaturen/Erweiterungen

Nachteile von Kugelkopfimplantaten

  • Halt je nach System nur gegen Abzugskräfte gut
  • keine Kippmeider (kann evtl. etwas schaukeln)
  • unflexibel, da keine Konzeptänderung möglich
  • kein Reintitan Grad 4, sondern Titanlegierung wegen Bruchgefahr

Alternativen

Für den zahnlosen Kiefer gibt es alternative Implantatversorgungen mit konfektionierten Halteelementen. Locatoren sind die verbreitetsten. Magnet-Attachements sind aber auch bewährt. Daneben gibt es noch Stegprothesen oder Teleskope auf Implantaten als individuelle, herausnehmbare Konzepte. Eine weitere Möglichkeit ist eine feste Brücke auf 4,6 oder 8 Implantaten.

Als herkömmliche Alternative steht nur die Totalprothese zur Debatte.

Kosten

Implantate mit Kugelköpfen gehören zu den preiswertesten Implantatversorgungen. Man kann grob rechnen: 1300€ je Implantat, ca. 800-900€ für die Prothese (falls die neu gefertigt werden muss) und 450€ je Verbindung zwischen Implantat und Prothese. Mehr zum Thema Kosten für Kugelkopfanker-Implantate.

Literatur

Weber, H.P. u. Mönkmeyer, U.R., Implantatprothetische Therapiekonzepte, Quintessenz, Berlin 1999
Jiménez-López, Vincente, Orale Rehabilitation bei implantatgestütztem Zahnersatz, Quintessenz Verlags-GmbH Berlin, 1999
Bernd Koeck und Wilfried Wagner, Praxis der Zahnheilkunde - Implantologie, Elsevier, München 2005
Franck Renouard, Bo Rangert, Risikofaktoren in der Implantologie. Klinische Diagnostik, Entscheidungsfindung und Therapie, Quintessenz, Berlin 2006
Cristache CM1, Muntianu LA, Burlibasa M, Didilescu AC., Five-year clinical trial using three attachment systems for implant overdentures. Clin Oral Implants Res. 2014 Feb;25(2):e171-8.

 

 

 

Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 03. August 2023