Fachmagazin für dentale Implantologie für Ärzte, Zahnärzte und Zahntechniker

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16. Fortbildungsabend des DGI-Landesverbandes Berlin-Brandenburg: Parodontitis, Periimplantitis und genetische Disposition


Eigentlich könnte man heute weitgehend vorher wissen, wer von den implantologisch zu versorgenden Patienten ein Periimplantitis-Risiko hat, meinte Prof. Dr. Herbert Deppe beim 16. Fortbildungsabend des DGI-Landesverbandes Berlin-Brandenburg ("BBI") am 3. November 2010 im Klinikum Benjamin Franklin der Charité Berlin. Genetisch seien potentielle Periimplantitis-Patienten zu identifizieren anhand von Interleukin-1-Prozessen, die sich von denen bei Parodontitis unterscheiden: "Man kann sich die Unterschiede so vorstellen: Bei der Parodontitis klemmt biologisch das Gaspedal, bei der Periimplantitis die Bremse." Ein Patient mit Parodontitis entwickle also nicht automatisch auch eine Periimplantitis. Die Frage sei allerdings, ob der Patient sein genetisches Risiko vorher wissen will – und auch, ob eine Intervention bei genetischer Disposition überhaupt Sinn mache: "Auf jeden Fall!", sagte Professor Deppe. Allerdings gebe es Faktoren, die unabhängig von der Genetik erheblichen Einfluss auf den implantologischen Behandlungserfolg hätten: "An 50 % der biologischen Misserfolge ist nun einmal Nikotinkonsum schuld."

 

Dass man sich mit Periimplantitis heute profund auseinandersetzen muss, hatte schon Gastgeber und Landesverbandsvorsitzender Prof. Dr. Dr. Volker Strunz in seinen einführenden Worten deutlich gemacht: "Wen betrifft Periimplantitis nicht, der selbst implantiert?" Sein Referent sagte es noch drastischer: "Das Thema soll Sie nicht mehr loslassen - und es wird Sie nicht mehr loslassen." Dass es Periimplantitis gebe, sei lange negiert worden. Die Prävalenz sei erheblich: "In den nächsten Jahren sind schätzungsweise 250.000 Implantate extraktionsreif - diese Situation muss man beherrschen lernen." Auf die Rückfrage von Professor Strunz, ob das nicht ein Schreckensszenario sei, meinte Professor Deppe: "Ja, es gibt viel zu tun."


Am Anfang stehe das Verständnis der Unterschiede von Parodontitis und Periimplantitis. Periimplantitis zeige sich allerdings im Frühstadium selten auf den ersten Blick: "Lassen Sie mich Goethe zitieren: 'Wenn ihrs nicht erfühlt, werdet ihrs nicht erjagen.'" Das parodontale Faser- und auch Gefäßsystem am Zahn und am Implantat unterscheide sich, und die Diagnostik stelle "eine ganze Kaskade an Fragen, die man kaum abarbeiten kann." Die Parameter gingen auf parodontale Konzepte zurück, seien aber bei der Periimplantitis keineswegs alle gleichfalls relevant: "Der Plaqueindex beispielsweise ist beim Implantat kein nachgewiesener Risikofaktor." Eine Sulkus-Blutung gebe Hinweise auf eine Entzündung, es sei aber zu beachten, dass der Blutungsumfang geringer sei: "Rund um das Implantat gibt es weniger Gefäße als bei einer Parodontitis." Ein Alarmsignal sei eine mit der Zeit zunehmende Sondierungstiefe, und selbstverständlich dürfe man sondieren - dabei werde weder ein Keimschub in die Tiefe ausgelöst noch das Attachment gestört: "Wir müssen sogar sondieren!" Dabei sei die Taschentiefe an sich noch kein Beleg für eine Periimplantitis, hier sei eine gezielte ergänzende Diagnostik notwendig. Ein normaler Zahnfilm sei oft sinnvoller als ein DVT, insbesondere, wenn man sich mit dem vertrauten System gut auskenne. Bei einer Sondierungstiefe von 3 mm müsse man nicht eingreifen, bei 4 - 5 mm antiseptisch vorgehen und ab 5 mm röntgen. Hinsichtlich der Therapie empfahl er eine frühzeitige, aufgrund der vergleichsweise gut vorhersagbaren Erfolge vor allem chirurgische Intervention ("Wir müssen operieren - sonst ist das Problem schneller als Sie!"), und gab dem Auditorium den Weg vor: "Das Ziel ist die Infektionskontrolle! Entfernen Sie nicht einfach das Implantat!" Ebenfalls so früh wie möglich seien regenerative Verfahren einzusetzen und diese auf die Form des Defektes auszurichten. In den Fällen, in denen man sich bei der Infektionskontrolle mit konventionellen Verfahren schwer tue, zeigten die heutigen Lasersysteme deutliche Vorteile, insbesondere bei Dekontaminierung in der Tiefe. Mit einem medizinischen Laser sei die Region gut keimfrei zu bekommen, es seien weniger Nähte notwenig. Zusammen mit Augmentationsverfahren – bei antibiotischer Abschirmung – seien gute Ergebnisse zu erreichen. Professor Deppe: "Ohne Laser mache ich in der Praxis nichts mehr." Das Auditorium entließ er mit einer Mut machenden Position zur Periimplantitis-Therapie: "Geben Sie das Implantat nicht gleich auf. Man kann es schaffen!"


 

Letzte Aktualisierung am Montag, 13. Dezember 2010