Fachmagazin für dentale Implantologie für Ärzte, Zahnärzte und Zahntechniker

Willkommen auf den Fachseiten für dentale Implantologie für Ärzte, Zahnärzte und Zahntechniker! In der Auswahlleiste links haben wir verschiedene Kapitel für Sie vorbereitet, die Ihnen implantologische Informationen, wie z.B. neueste wissenschaftliche Studien, liefern. Sie finden hier ein Produkregister ebenso wie einen ständig aktuellen Fortbildungskalender.
Wenn Sie ein Thema zur Diskussion unter Kollegen stellen wollen, können Sie dies im geschlossenen Fach-Forum nur für ZahnÄrzte/Zahntechniker tun.

2. Internationale DGÄZ-Herbsttagung: Interdisziplinäre Diagnostik für verbesserten Therapieerfolg


Auch dieses Mal gab es am Tegernsee eine Unmenge an bemerkenswerten und, das wird von den referierenden Top-Stars der internationalen Expertenszene erwartet, für den Praxisalltag der Kongressteilnehmer ohne allzu großen Aufwand umsetzbare Tipps – ein Konzept, das die Deutsche Gesellschaft für Ästhetische Zahnheilkunde / DGÄZ für ihre Jahrestagungen konsequent umsetzt. Die wachsenden Teilnehmerzahlen zeigen, dass die Bodenhaftung, die bei allen Highlights spürbar bleibt, dem Bedarf der Behandler entgegenkommt.

 

Auch dieses Mal gab es am Tegernsee eine Unmenge an bemerkenswerten und, das wird von den referierenden Top-Stars der internationalen Expertenszene erwartet, für den Praxisalltag der Kongressteilnehmer ohne allzu großen Aufwand umsetzbare Tipps – ein Konzept, das die Deutsche Gesellschaft für Ästhetische Zahnheilkunde / DGÄZ für ihre Jahrestagungen konsequent umsetzt. Die wachsenden Teilnehmerzahlen zeigen, dass die Bodenhaftung, die bei allen Highlights spürbar bleibt, dem Bedarf der Behandler entgegenkommt. Rund 450 Zahnärzte und Teams kamen am 28. und 29. Oktober an den Tegernsee zum Thema „Das interdisziplinäre Behandlungskonzept“, präsentiert vom Dreamteam Dr. Frank Spear, Prof. Vincent G. Kokich und Dr. David P. Matthews, alle aus den USA und erstmals nach Deutschland geholt von der Crew rund um Dr. Siegfried Marquardt / Z.aT., DGÄZ-Vorstandsmitglied.

Was die Teilnehmer rasch begriffen: Der Titel der Veranstaltung war nicht wirklich treffend. Er unterschlug die herausragende Bedeutung dessen, was das Trio aus den USA zum eigentlichen Grundprinzip eines ästhetischen Behandlungskonzeptes erhoben hat: die interdisziplinäre Diagnostik. „Man lässt sich zu leicht täuschen, wenn man nur alleine in den Mund schaut“, meinte Prof. Kokich (University of Seattle) und zeigte anhand zahlreicher Beispiele, dass identisch aussehende Situationen eine ganz verschiedene Entwicklung hinter sich haben können und entsprechend verschiedene Behandlungskonzepte angezeigt sind. „Nutzen Sie die Kompetenz Ihrer Kollegen! Beziehen Sie sie ein! Sie sehen Ihren Patienten aufgrund seiner fachlichen Expertise mit anderen Augen und entwickeln auch andere Therapie-Überlegungen – und treffen Sie dann die Entscheidung gemeinsam.“ Natürlich sei so eine interdisziplinäre Diagnostik nicht für den Alltagspatienten notwendig, aber „behalten Sie einfach im Hinterkopf, dass man das, was Sie sehen, auch anders sehen und therapieren kann, nutzen Sie Ihr Wissen um die Vielfalt der Zahnmedizin nicht erst bei der Therapie, sondern bereits bei der Diagnose.“ Die Kenntnisse in den einzelnen Disziplinen der Zahnheilkunde seien inzwischen so erstaunlich vorangeschritten, dass ein Chirurg oft nicht mehr den aktuellen Stand der Kieferorthopädie oder Prothetik auch noch überschauen könne: „Deshalb kommen wir eben zusammen, wenn es Sinn macht, und erarbeiten die Behandlungsschritte gemeinsam und entscheiden, wer von uns gebraucht wird oder nicht.“ Die Behandlung eines Patienten beginne bei dem Fach-Experten, den der Plan als Schritt eins des Therapiekonzeptes vorsehe – der zuerst aufgesuchte Behandler koordiniere den Therapieablauf und er bleibe für seinen Patienten auch der vertrauensvolle und verantwortliche Ansprechpartner. So werde die Patienten-Arzt-Verbindung erhalten.

Das Konzept wird manchen Teilnehmer der Tegernseer Herbsttagung an die in Deutschland heraufdämmernde Entwicklung zahnmedizinischer Kompetenz-Zentren erinnert haben – zur Überraschung mancher Zuhörer betonten die drei US-Experten aber ausdrücklich, dass sie keineswegs unter einem Dach und Tür an Tür arbeiten, sondern viele Kilometer voneinander entfernt ihre Praxen haben. Es verbinde sie nicht der Ort, sondern das gleiche Denken, die gleiche Grundhaltung zur modernen Zahnheilkunde und die tiefe Überzeugung, dass das Wissen und Können der Zahnmedizin heute zum Nutzen der Patienten nur eingesetzt werden kann, wenn sich die aufgesplitterte Fachexpertise für die Lösung von Fällen durch die Bildung eines Teams wieder zu einer Einheit verbinde. Dies sei in vielen therapeutischen Aufgabenstellungen eine große Hilfe – bei einem ästhetisch orientierten Behandlungsziel aber geradezu unersetzlich.

Moderator Dr. Christian Lex unterstrich den großen Reiz durch hochkarätige Fortbildung: „Zahnarzt ist ein wunderschöner Beruf, gerade weil wir nie auslernen und immer wieder auf solch phantastische Kollegen treffen dürfen, die uns wie hier einen großen Motivationsschub geben.“ Die Kongressteilnehmer, die zu rund zwei Dritteln aus „Allgemeinzahnärzten“ bestanden, nahmen eine neue Sichtweise des eigenen Fachs und seiner Möglichkeiten mit zurück in die Praxis – und meinten auf Nachfrage in den Pausen, öfter als bisher an die Einbeziehung spezialisierter Kollegen denken zu wollen. Man müsse den Patienten allerdings noch ausreichend kommunizieren, dass die Hinzuziehung weiterer Expertise nicht aufgrund mangelnden eigenen Könnens, sondern gerade wegen der besonderen Kompetenz des Hausahnarztes in Sachen moderne Zahnheilkunde und seiner Möglichkeiten geschieht. „Wir haben mit unserer Tagung sicher nicht für alles Antworten liefern können“, meinte DGÄZ-Kongreßleiter Dr. Marquardt absolut zutreffend als Bilanz, „aber sicher haben die drei Referenten entscheidende Indizes aufgezeigt, mit denen die Teilnehmer für sich selbst und Ihre Arbeit die relevanten Antworten finden und umsetzen können.“

Fachlicher Anhang

Erfahrung der Experten = hilfreiche Tipps für die Praktiker

Trugschluß: Identische Situation – identische Therapie

Auf den ersten Blick sehen Situationen (das Experten-Trio präsentierte dies an den Fallbildern ‚Jennifer und Jamie’) oft gleich aus und verführen dazu, sie mit dem gleichen Therapieplan beheben zu wollen. Dies kann zu deutlichen Misserfolgen führen, denn erst die Frage nach dem WARUM mit Blick auf den Ausgangsbefund ermöglicht eine individualisierte und erfolgssichere Therapieplanung. Jennifer hatte ihren Zweier nach einem Unfall verloren und einige Zeit mit der Behebung gewartet; in der Zwischenzeit war der Knochen erheblich geschrumpft. Wichtig zu beachten: In den ersten 6 Monaten nach Zahnverlust gehen ein Viertel der Kammbreite verloren und nach weiteren fünf Jahren zusätzlich noch einmal 11 %. „Bad news“, so Dr. David P. Mathews/Seattle. Eine andere Vorgeschichte hatte Jamie: Ihr Einser stand neben dem Dreier, kieferorthopädisch wurde Platz geschaffen und dabei gleichzeitig Knochen. „Kieferorthopädie hat eine ganz besondere Power, um optimalen Kamm zu schaffen.“ Wenn Kieferorthopädie eine Lücke schafft, schrumpft der Knochen nach Studien des Experten-Trios nur um maximal 1 % - nach einer Extraktion können es bis zu 37 % werden. Dr. Matthews: „Auch wenn ein Fall aussieht wie ein anderer: Stellen Sie sich immer die Frage nach dem Warum und gehen Sie den Ursachen des Zustandes genau auf den Grund! Nur so können Sie die richtige Antwort, dazu die richtige Therapie und ein erfolgsstabiles Ergebnis schaffen!“

Aufwand: Viele Fragen – viele Antworten

Nicht immer kommen Patienten nur mit medizinischen Problemen – auch eine anhaltende Unzufriedenheit mit dem Aussehen und dem Lächeln kann im weiteren Sinne eine medizinische, weil psychosomatische Indikation für eine Therapie sein. Umso wichtiger, dass hier so minimalinvasiv wie möglich vorgegangen wird. Oft zeigt sich zudem, dass Unzufriedenheit mit der Ästhetik auch eine – für den Patienten als solche nicht wahrgenommen – medizinische Indikation für eine Therapie ergibt, weil der Biss nicht stimmt und die Kiefergelenke fehlbelastet sind. Der Fragen-Katalog, den das Experten-Trio aus den USA bei der Diagnostik ’abarbeitet’ ist enorm lang. An einem Fall mit falsch positionierten Zähnen gaben sie einen Eindruck davon: Ist die Fehlpositionierung durch den Knochen bedingt oder durch die Zahnstellung? Sind die Zähne zu kurz oder nicht genügend durchgebrochen? Ist Kieferorthopädie hier hilfreich und wenn ja, was könnte sie leisten? Sollen Zähne elongiert werden – oder ist das Gegenteil angezeigt? Müssen sie progrediert oder retrodiert werden? Wie sieht das Durchbruchsschema aus? Wie stehen die Zähne im Gesicht – und wie im Knochen? Wieviel der oberen Einser ist bei normaler Lippenposition sichtbar (Achtung – das ändert sich mit dem Alter der Patienten. Bei 30 – 40jährigen Frauen wie im gezeigten Fall sind 3mm eine gute Bilanz.) Aber wie ist die Lippendynamik, wie das Ergebnis beim Lachen?

Gibt es die gewünschte gerade Linie bei der Okklusion der Front- und der Seitenzähne? Wie ist die Gingivakontur und welche Rolle spielt diese für das Behandlungskonzept und das angestrebte Ergebnis? Und wo muss man ansetzen: Tatsächlich im Oberkiefer, wie man auf den ersten Blick denkt – oder liegt die eigentliche Ursache des Problems vielleicht im Unterkiefer? „Der Unterkiefer wird oft nicht beachtet, wenn das Problem so offenbar im Oberkiefer zu liegen scheint“, meinte Prof. Vincent G. Kokich / University of Seattle, „aber man wird staunen, wie viele langfristige Behandlungserfolge allein durch eine Veränderung der Situation im Unterkiefer entstanden sind. Betrachten Sie nie nur einen Kiefer – es sind fast immer beide beteiligt, ursächlich, oder in Relation zueinander, und öfter als man denkt liegt die Ursache eines Problems im Unterkiefer.“

Grundhaltung: Sichtbare Gingiva – sichtbare Differenzen

Wenn es um Ästhetik geht, kommt rasch die Frage auf, ob es hier nicht einfach um persönlichen Geschmack geht. Ein Beispiel ist das Wunsch-Weiß von Zähnen. Das Experten-Trio meinte bei manch präsentiertem Fall-Bild selbst etwas amüsiert „we are in America“, da möge man es knallweiß. Wie sehr aber auch Ausbildung und tägliche Arbeit von Zahnärzten die Einstellung zu Ästhetik prägt, machte eine Studie deutlich, die von Prof. Kokichs Sohn an der Universität gemacht wurde. Es ging um die Fragestellung, wie viel Gingiva beim Lachen sichtbar sein muss, damit ein Gesicht als „nicht mehr attraktiv“ wahrgenommen wird. Laien meinten, bis zu 2 mm sei okay, aber 3 mm seien nicht mehr schön. Allgemeinzahnärzte hielten alles unter 4 mm für gerade noch ansprechend oder erträglich, die befragten Kieferorthopäden dagegen fanden schon 2 mm als nicht mehr attraktiv, 1 mm war hier die erträgliche Höhe. Nächste Frage: Wie wirkt es auf die Befragten, wenn ein Einser sichtbar kürzer ist als der Einser daneben? Laien fanden es okay, so lange der Höhenunterschied nicht über 1,5 mm hinausging. Auch die Prothetiker und Allgemeinzahnärzte nannten diese Größenordnung. Allein die Kieferorthopäden erwiesen ich auch hier wieder als besonders ‚streng’: Eine Differenz von 0,5 mm wurde bereits als störend empfunden. „Es ist sehr selten, dass die Gingiva bei beiden Einsern auf einer Höhe ist – aber ehe wir das korrigieren, müssen wir den Patienten fragen, nicht unbedingt unseren kieferorthopädischen Kollegen...“ meinte selbstkritisch Kieferorthopäde Kokich. Überhaupt sei der Patient, daran müsse er immer wieder erinnern, der entscheidende, aber auch der limitierende Faktor. Dr. Frank Spear gab ein anderes Beispiel dazu und berichtete über eine Veränderung von Zahnlängen, die aus seiner Sicht ein optimal ästhetisches Ergebnis gebracht hätten. „Aber die Frage ist immer: Wie geht der Patient mit der neuen Okklusion um? Wir können das noch so sehr berechnen – ob die Funktion stimmt, beurteilt trotzdem der Patient. Das bleibt eine unbekannte Größe.“ Hier bleibe nur Ausprobieren. Deshalb sei für das Team um ihn, den Behandler, gleich nach der gemeinsamen Diagnostik die provisorische Versorgung, und sei es nur ein Kompositaufbau als Testgröße, der wesentliche Gradmesser für einen stabilen Langzeiterfolg und einen zufriedenen Patienten.

Service:

Die Referenten stellen viele ihrer Studien kostenfrei im Internet zur Verfügung, z.B. unter www.kokichorthodontics.com und www.seattleinstitute.com,

Infos zur DGÄZ und ihren Kongressen unter: www.dgaez.de

 

Letzte Aktualisierung am Dienstag, 30. November 1999