Neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die in der Praxis anwendbar sind, waren das Thema des 1. Expertensymposiums des Bundesverbandes der implantologisch tätigen Zahnärzte in Europa (BDIZ EDI) am 26. Februar in Köln. Sofortversorgung und Sofortbelastung bei oralen Implantaten wurden kontrovers diskutiert.
Neue wissenschaftliche Erkenntnisse, die in der Praxis anwendbar sind,
waren das Thema des 1. Expertensymposiums des Bundesverbandes der
implantologisch tätigen Zahnärzte in Europa (BDIZ EDI) am 26. Februar
in Köln. Sofortversorgung und Sofortbelastung bei oralen Implantaten
wurden kontrovers diskutiert.
Unter der Leitung der BDIZ EDI-Präsidenten Christian Berger und Prof.
Dr. Joachim E. Zöller lieferten erfahrene Referenten den Teilnehmern
wichtige Kriterien zur individuellen Beurteilung von
Sofortversorgung/Sofortbelastung in der Praxis.
Einig waren sich die Experten bei der Bedeutung einer hydrophilen
Implantatoberfläche für die schnelle und direkte Knochenanlagerung.
Einigkeit herrschte auch hinsichtlich der Erfolge von Sofortversorgung
und gegebenenfalls Sofortbelastung bei bestimmten Indikationen und
Voraussetzungen, darunter ausreichendes Knochenangebot und gute
Knochenqualität. Im Bereich ästhetischer Versorgungen und bei
Implantaten im Seitenzahngebiet gebe es allerdings noch
Forschungsbedarf, betonte Dr. Axel Kirsch (Filderstadt).
Forschungsbedarf sieht Dr. Dr. Dr. Christian Foitzik auch hinsichtlich
des Einflusses der Kaukräfte und Kaubewegungen für den Erfolg einer
Frühbelastung.
Nach Diskussion einig war man sich auch über den Begriff „sofort“, die
Dr. Roland Glauser (Zürich) aus aktuellem Anlass wie folgt definierte:
„Sofort heißt sofort – wenn Ihre Frau zum Karneval geht und sagt, sie
sei sofort zurück und kommt dann in 2 Wochen wieder, dann wissen Sie,
was ich mit ‚sofort’ meine.“ Eine sofortige Versorgung sei das Beste
für die Biologie des Kieferknochens. Dr. Marco Degidi (Bologna/Italien)
hatte dabei auch die Wünsche der Patienten im Blick: Zwei Wochen
Einheilzeit seien aber sinnvoll, wenn dadurch auch die für die
Patienten spürbaren Folgen von Eingriff und Zahnfleischheilung
überstanden seien.
Übereinstimmung herrschte auch zum Thema Augmentation: Sie sei
häufig notwendig und es sei möglichst autologer Knochen zu verwenden.
Es gebe kaum Frontzahnimplantationen, bei denen sein Team nicht auch
augmentiere, bestätigte Dr. Glauser. Eingesetzt würden Implantate, die
kleiner seien als die Zähne, und die Schnittführung bliebe möglichst
klein. Schon allein weil Implantate weniger Platz benötigen als der
natürliche Zahn, sei Augmentation hilfreich, untermauerte auch Dr. Dr.
Dieter Haessler (Oppenheim) diese Position. So könne das Implantat in
der Tiefe des Knochens stabilisiert und dem Implantat „Platz zum
Eingewöhnen an gewünschter Stelle“ gegeben werden. Die meisten Sorgen
bereiten – auch hier gab es große Einigkeit - Patienten mit „dünnem
Knochen und Zahnfleisch“ (Dr. Kirsch).
Praktische Empfehlungen gab Dr. Jürgen Hartmann (Tutzing): Er setzt auf
eiförmige Gingivaformer: „Kein Zahn ist rund.“ Um den Gingivaformer
herum schrumpfe das Ligamentum circulare. Bei der Versorgung mit
Provisorien empfahl Dr. Degidi leicht zu entfernende und wieder
verwertbare Titaniumstege „und das kostet Sie so gut wie gar nichts.“
Prof. Dr. Dieter Wember-Matthes (Köln) berichtete über seine Erfolge
mit giebelförmigen Implantaten, die sich an den natürlichen
Zahnfleischgirlanden orientieren. Dr. Jörg Neugebauer (Köln) erläutete
die Vorteile von Interimsimplantaten zur Erleichterung der
Osseointegration der eigentlichen Implantate und zum Schutz vor
vertikalem Knochenaufbau. Dr. Dr. Fred Bergmann (Viernheim) warnte vor
einer Verletzung der vestibulären Knochenwand. Sofortversorgung sei
eine einmalige Chance für den Gewebeerhalt und solle so oft wie möglich
„in time“ angewendet werden.
Die Bilanz des Symposiums: Ein eindeutiges Ja zur Sofortversorgung und
Sofortbelastung von Implantaten unter konkreten Voraussetzungen -
angepasst an die Biologie des Patienten, den Ort der Sofortimplantation
und das technische Können der ZahnÄrzte. Dabei geht es nach Ansicht der
Referenten aber nicht vordringlich um „sofort“ in der Implantologie,
sondern um „erfolgreich“. In Zweifelsfällen muss auch heute lieber
konservativer vorgegangen werden, besonders nach aufwändiger
Augmentation. Die Entscheidung über die richtige Therapie zum richtigen
Zeitpunkt ist einer der Grundpfeiler der Zahnheilkunde.
Das Symposium diente einem karitativem Zweck: Am Abend konnte BDIZ
EDI-Präsident Christian Berger den Erlös überreichen in Form eines
Schecks über 10.000 Euro an die Deutsch-Vietnamesischen Gesellschaft
zur Förderung der Medizin in Vietnam e.V., die die Versorgung von
Kindern mit Lippen-Kiefer-Gaumen-Spalten unterstützt.
Quelle: BDIZ EDI