Bedeutung der Gegenbezahnung für die Wahl des Zahnersatzes bleibt unklar

Mangels Studien keine belastbaren Aussagen möglich / IQWiG fordert Zahnmedizin zu mehr Forschung auf

Ob die Beschaffenheit der Zähne im gegenüberliegenden Kieferteil einen Einfluss auf den für Patienten bedeutsamen Nutzen von festem oder herausnehmbarem Zahnersatz hat, bleibt eine offene Frage. Weil geeignete Studien fehlen, sind hier derzeit keine belastbaren Aussagen möglich. Zu diesem Ergebnis kommt das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) in seinem am 23. Juni 2009 veröffentlichten Abschlussbericht.

 

Die Autorinnen und Autoren halten zusätzliche klinische Vergleiche für

dringend geboten und fordern die wissenschaftliche Zahnmedizin auf,

Kompetenz insbesondere im Bereich der Studienplanung aufzubauen.

Nicht nur eine Frage des Aussehens

Zahnlücken sind nicht nur ein ästhetisches Problem. Sie können sich

auch ungünstig auf die benachbarten Zähne und die Zähne des

gegenüberliegenden Kiefers auswirken: Probleme beim Kauen, Karies,

nächtliches Zähneknirschen und migräneartige Kopfschmerzen sind nur

einige der möglichen Folgeschäden. Schließen lassen sich die Lücken

durch festsitzenden Zahnersatz in Form von Brücken oder durch

herausnehmbare Teilprothesen. Beides lässt sich auch auf Implantate

aufbauen.

Seit Anfang 2005 zahlen die Krankenkassen ihren Versicherten einen

festen Betrag, unabhängig davon, für welche dieser Varianten sich die

Patientinnen und Patienten entscheiden. Der Gemeinsame Bundesausschuss

(G-BA) hatte deshalb das IQWiG beauftragt, anhand der

wissenschaftlichen Literatur zu prüfen, ob je nach Beschaffenheit der

Zähne - oder des Zahnersatzes - im gegenüberliegenden Kieferteil ein

fester oder ein herausnehmbarer Zahnersatz für Patientinnen und

Patienten vorteilhafter ist.

Nur eine Studie stellt direkten Vergleich an

Wie die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler feststellten, ist die

Studienlage unzureichend. Dabei hatten sie sich bei ihrer Recherche

nicht nur auf randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) beschränkt,

sondern auch nicht randomisierte kontrollierte Studien und

unkontrollierte Interventionsstudien einbezogen, sofern diese bestimmte

methodische Voraussetzungen erfüllten. Insgesamt konnten sie 17

Arbeiten in die Bewertung einschließen, wovon allerdings nur eine

einzige Studie die beiden untersuchten Zahnersatzformen im Sinne einer

kontrollierten prospektiven Interventionsstudie direkt miteinander

verglich.

Als Aspekte des patientenrelevanten Nutzens untersuchte das IQWiG die

Funktionsdauer, die Veränderung des Ernährungsverhaltens, die

Patientenzufriedenheit sowie den Aufwand für Prothesenpflege und

-nachsorge.

Wenige schwache Studien liefern lediglich Hinweise auf Vorteile

Das IQWiG und seine externen Sachverständigen fanden lediglich einige

Hinweise, dass Patienten, die im gegenüberliegenden Kiefer bereits eine

Vollprothese haben, mit einem festsitzenden Zahnersatz durchschnittlich

"zufriedener" sind als Patientinnen und Patienten mit einem

herausnehmbaren. Diese Hinweise stammen allerdings aus zahlenmäßig

geringen und methodisch schwachen Studien. Für die übrigen untersuchten

Aspekte gibt es derzeit weder Belege noch Hinweise auf einen Nutzen.

Das IQWiG kommt daher zu der Schlussfolgerung, dass angesichts der

unzureichenden wissenschaftlichen Untersuchungen keine belastbaren

Aussagen zur Fragestellung des Auftrags möglich sind. Es bleibt also

unklar, von welchem Zahnersatz Patientinnen und Patienten am meisten

profitieren.

Mehr und bessere Forschung in der Zahnmedizin notwendig

Das Institut empfiehlt dringend, weitere klinische Vergleiche

anzustellen. Studien, die hinreichend sichere und interpretierbare

Daten liefern, sind nach Auffassung des IQWiG auch in der Zahnmedizin

notwendig und möglich. Zwar gebe es in diesem Bereich der medizinischen

Versorgung besondere Einschränkungen etwa durch die Art der

Kostenerstattung oder die Unmöglichkeit der Verblindung. Dennoch sollte

die wissenschaftliche Zahnmedizin vermehrt Anstrengungen unternehmen,

sich dem State of the Art der Studienplanung in anderen Bereichen der

Medizin anzunähern und belastbare Evidenz zu schaffen. Der

Abschlussbericht enthält auch Vorschläge für die Planung künftiger

Studien zur Fragestellung des Auftrags (Diskussionsteil).

Zum Ablauf der Berichtserstellung

Die vorläufigen Ergebnisse, den sogenannten Vorbericht, hatte das IQWiG

Ende Juni 2008 veröffentlicht und zur Diskussion gestellt. Nach dem

Ende des Stellungnahmeverfahrens wurde der Vorbericht überarbeitet und

als Abschlussbericht Ende April 2009 an den Auftraggeber versandt. Eine

mündliche Erörterung fand nicht statt, weshalb die Würdigung der

schriftlichen Stellungnahmen in den Diskussionsteil des

Abschlussberichts integriert wurde. Die Stellungnahmen selbst werden

getrennt dokumentiert und - zeitgleich mit dem Abschlussbericht -

veröffentlicht. Der Bericht wurde gemeinsam mit externen

Sachverständigen erstellt.

Kontakt: Tel. 0221-35685-0, info@iqwig.de

Weitere Informationen:

www.iqwig.de/index.623.html - zum Abschlussbericht

 

Letzte Aktualisierung am Freitag, 26. Juni 2009

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