Zahntechniker klagen über Umsatzrückgänge von 40 Prozent


Die Situation ist dramatisch: Wolfsburgs Zahntechniker klagen über
existenzbedrohende Umsatzrückgänge. Aus Verunsicherung lassen sich
immer weniger Patienten vom Zahnarzt behandeln. Die Folge: Immer
weniger Arbeit für die Dentallabore.

"Die Versorgung ist zusammengebrochen", erklärt Lutz Wolf, Obermeister
der Niedersächsischen Zahntechniker-Innung. Aus seiner Sicht ist zu
viel Bürokratie in den Kassen-Richtlinien der Grund für die Misere.
Hinzu komme, dass vorher von den Kassen getragene Leistungen
ausgegrenzt worden seien.

Seit Anfang dieses Jahres gelten neue Verfahren zur Abrechnung von
Zahnersatz. Während sich früher die Krankenkasse mit einem prozentualen
Zuschuss an den Zahnersatzkosten beteiligte, erhalten seit dem 1.
Januar Versicherte einen "befundbezogenen Festzuschuss" für ihre neuen
Zähne. Manche Patienten fahren extra ins Ausland, um an der
Zahnbehandlung zu sparen. Die Nachsorge in Deutschland könne jedoch
teurer werden als die vermeintlichen Einsparungen, sagen Experten.

Die Auswirkungen sind laut Wolf verheerend. Der Umsatz der Dentallabore
sei im Schnitt um 40 Prozent zurückgegangen, bundesweit seien rund 10
000 Zahntechniker arbeitslos, das entspreche einer Steigerung seit
Jahresbeginn um 77 Prozent.

"Die Krankenkassen haben 1,7 Milliarden Euro weniger für Zahnersatz
ausgegeben. Geld, das eigentlich dafür vorgesehen war", betont Wolf. Er
warnt vor den Langzeitfolgen, wenn Patienten sich nicht behandeln
ließen und fordert deshalb von der Politik, "die erkannten
Fehlentwicklungen zu korrigieren".

"Viele Leute haben Zukunftsangst und trauen sich nicht mehr, Geld
auszugeben", hat auch Christian Menrad, Geschäftsführer von Flemming
Dental in Westhagen, festgestellt. Er musste seine 35 Mitarbeiter
zeitweise in Kurzarbeit beschäftigen.

"Zunächst dachten wir, es handelt sich um Anfangsschwierigkeiten",
berichtet Bernd-Michael Klein, Inhaber eines Dentallabors in der
Reislinger Straße. Doch die Auftragsflaute hielt sich über Monate.
"Auch wir mussten mit Kurzarbeit und sogar Entlassungen reagieren",
bedauert Klein.

"Die Nachricht eines neuen Zuschusssystems hat viele Patienten
verunsichert", schildert Lars Knitter, stellvertretender Vorsitzender
der Wolfsburger Kreisstelle der niedersächsischen Zahnärztekammer. Auch
die Zahnärzte mussten ihm zufolge Helferinnen entlassen.

Dabei bedeute die Änderung der Richtlinie nicht zwangsläufig, dass neue
Zähne teuer würden, sondern vielmehr eine stärkere Wahlfreiheit für den
Patienten. "Das Abrechnungssystem ist viel gerechter als vorher, weil
alle den gleichen Zuschuss bekommen", so Knitter.
Von Annika Koch

Letzte Aktualisierung am Donnerstag, 30 November 1999