Versicherung darf Patienten keinen „günstigeren“ Zahnarzt empfehlen

Patienten sollen sich ihren Zahnarzt selbst aussuchen dürfen. Werben Versicherungen mit Vorteilen für den Versicherten im Falle eines Wechsels zu einem Vertragszahnarzt, ist das rechtswidrig. Dies stellte das Oberlandesgericht Dresden (OLG) in einem kürzlich gesprochenen Urteil klar und stärkt so das Arzt-Patienten-Verhältnis.

Wettbewerbsverstoß der privaten Krankenversicherung

Wenn Zahnersatz nötig ist, erstellt der Zahnarzt einen so genannten Heil- und Kostenplan (HKP), auf dem die nötige Behandlung dokumentiert wird. Ob gesetzlich oder privatversichert, wird dieser Plan vor Behandlungsbeginn beim Krankenversicherer eingereicht und auf dieser Grundlage die Zuzahlung kalkuliert. Gesetzlich Versicherte erhalten einen Festzuschuss für Zahnersatz im Rahmen der Regelversorgung, Privatversicherte können, je nach Tarif, eine volle Kostenerstattung erhalten. In dem zugrunde liegenden Urteil reichte eine Patientin ihren HKP bei ihrer privaten Krankenversicherung ein. Ohne diesen Plan zu prüfen, legte ihr der Versicherer nahe, zu einem anderen Zahnarzt – einem Vertragspartner – zu wechseln. In diesem Fall würde sich nämlich u.a. ihr Erstattungsanspruch für zahntechnische Leistungen um 5 % erhöhen und so ihren Eigenanteil senken. Das Locken mit günstigeren Preisen empfand der bislang behandelnde Zahnarzt als wettbewerbswidrig, reichte Klage ein und bekam Recht.

Zahnarzt-Patientenverhältnis hat Priorität

Weil das Vertrauensverhältnis zwischen (Zahn-)arzt und Patient essenziell für eine erfolgreiche Behandlung ist, muss sich der Patient seinen Behandler selber aussuchen dürfen. Das betonte das OLG Dresden bei seinem Urteilsspruch. Wird dem Patienten ein finanzieller Vorteil in Aussicht gestellt, ist das Einflussnahme auf den Behandlungserfolg.

Behandlungskosten nur bedingt vergleichbar

Eine Ersparnis von 5% klingt zunächst nicht viel, kann aber bei aufwendigen und teuren Zahnersatzversorgungen eine Differenz von bis zu 2.000€ ausmachen. Ein guter Grund also, seinen Zahnarzt zu wechseln. Was aus dem „großzügigen“ Angebot der Versicherung nicht hervorgeht ist, ob der Vertragszahnarzt die gleiche Behandlung wie der bislang behandelnde Zahnarzt vorschlägt und diese dann preiswerter für den Patienten wird. Es sind je nach Befund verschiedene Versorgungen für die gleiche Zahnsituation möglich. Auch kann ein günstigeres Zahnlabor gewählt werden, um an den Kosten für Zahnersatz zu sparen. Der Versicherte kann also eine andere und wohlmöglich weniger hochwertigere Versorgung erhalten, wenn er den Zahnarzt wechselt. Ein sehr undurchsichtiges und unseriöses Angebot des privaten Versicherers.

Private Versicherung wegen Druckausübung auf Patienten in der Kritik

Das Gericht führt auch aus, dass die Versicherung nicht nur durch den finanziellen Anreiz Einfluss auf Patienten nimmt. Die meisten Versicherungsnehmer wissen, dass das Verfahren zur Kostenübernahme, besonders beim Zahnersatz, langwierig und schwierig sein kann. Stellt sich die Versicherung quer, muss man für hohe Rechnungsbeträge selbst aufkommen. Welcher Versicherte möchte sich diesen Stress schon antun? Drängt der Krankenversicherer in seiner Schlüsselposition als Kostenerstatter zu einem Arztwechsel, setzt das Patienten unter Druck, was die freie Arztwahl ebenfalls beeinflusst.

Quelle: OLG Dresden, Urteil vom 09. Oktober 2020 – 14 U 807/20 –, juris

Letzte Aktualisierung am Dienstag, 08. Februar 2022

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