Diskussions-Forum Zahnimplantate und Zahnersatz

Fragwürdige Vorgehensweise

Albrecht78
Mitglied seit 22. 04. 2017
1 Beiträge

Ich habe hier einen recht seltsamen Fall, den ich gerne geklärt haben möchte. Ich würde mich freuen, wenn Ihr mir dabei helfen könntet. Ich werde das ohne Wertung schreiben und bin gespannt, was ihr davon haltet.

Ein Patient hat einen Backenzahn der sehr oft behandelt wurde und denkt nun über eine Versorgung mit einem Implantat nach. Es wurde bei einem Implantologen ein Termin gemacht. In einer allgemeinen Besprechung wurde darüber aufgeklärt was ein Implantat ist und wie es eingebracht wird. Es wurden ein paar Videos gezeigt.
Einige Wochen später entzündete sich der Backenzahn stark und es wurde ein Termin zur reinen Untersuchung gemacht und um einen Kostenvoranschlag für das Implantat gebeten.
In der Praxis angekommen wurden erst einmal die Unterlagen von einer Angestellten überreicht. Es wurde sich darauf geeinigt die Unterlagen in Ruhe daheim durchzugehen und sich dann zu entscheiden. Mit den Unterlagen ging der Patient in den Behandlungsraum wo er auf den Arzt traf. Der Arzt begutachtete den Zahn und stellte eine Entzündung fest und hat dem Patienten eine Entfernung des Zahnes empfohlen. Der Patient sagte ja und sofort wurde der Zahn gezogen. Sofort nach dem Ziehen wurde auch mit der Implantatversorgung begonnen. Der Patient wurde von dem Zahnarzt über diese Entscheidung zum keinem Zeitpunkt informiert. Als es nach dem Setzen zum Röntgen ging kam die Frau von der Rezeption besorgt um die Ecke und fragte: Herr ... dürfen wir Ihnen überhaupt ein Implantat einsetzten. Der Patient sagte: Ja, es ist drin. Nach der Behandlung entschuldigte sich die Frau und sagte: Herr ... normalerweise machen wir das nicht so, das machen wir nur im großen Vertrauen. Hier sind die Unterlagen, die müssen Sie uns hier noch Unterschreiben.
Anschließend ging es zur Nachbesprechung und der Patient wurde über ein Risiko, das ein Sofortimplantat mit sich bringt, aufgeklärt.
Das würde ich jetzt erstmal so stehen lassen. Ich würde mich freuen, wenn Ihr mir schreiben könntet, was Ihr von dieser Vorgehensweise haltet.
Viele Grüße



Agnes
Mitglied seit 25. 10. 2008
513 Beiträge

Ganz klar ein grober Behandlungsfehler und Verstoß gegen das Recht auf Selbstbestimmung (Art. 2 Grundgesetz)

Weiterer Verstoß
- gegen Patientenrechtegesetz BGB § 630a, vertragstypische Pflichten
- gegen BGB § 630c, Abs. (2) , Informationspflichten -> das Recht auf Aufklärung vor dem Eingriff
- gegen BGB § 630d, Einwilligung -> ohne Einwilligung liegt „Körperverletzung“ vor
- gegen BGB § 630e, Aufklärungspflichten -> ohne Aufklärung liegt keine Einwilligung in die OP vor
- gegen BGB 630h, Ab. (2), Beweislast für Behandlungs- und Aufklärungsfehler

Die Praxis hat den Fehler anscheinend erkannt, aber dem Patienten den Aufklärungsbogen nach dem Eingriff zur Unterschrift vorzulegen ist - juristisch gesehen - „Nötigung“ (StGB § 240). Ein Patient kann nicht gezwungen werden im Nachhinein eine Unterschrift zu leisten, die nur die Absicherung des Arztes zum Zweck hat.

Außerdem verstößt ein Sofortimplantat nach Extraktion eines entzündeten Zahns (in der gleichen Sitzung) gegen die Regeln der ärztlichen Kunst; vermutlich wird sich das Implantat entzünden und zu Implantatverlust führen, denn vor einer Implantation muss Entzündungsfreiheit sowohl des Zahnfachs als auch des umgebenden Weichgewebes vorliegen, siehe
https://www.implantate.com/der-richtige-zeitpunkt-sofortimplantation-oder-spaetimplantation.html

Man darf hier keine medizinische Ratschläge geben - ist auch richtig - deshalb würde ich den ZA auf die Vorgehensweise und das Risiko des Implantatverlusts ansprechen. Wenn Gespräch nicht erfolgreich, dann Zweitmeinung bei anderem ZA, MKG- oder Oralchirurgen wegen Implantatverlust einholen.

viel Erfolg bei der anschließenden Regelung!



Dr. Dr. B. Zahedi
Mitglied seit 06. 12. 2000
4044 Beiträge

hallo,
rechtlich hat die info von agnes voll und ganz bestand.
allerdings müssen sie auch ein paar dinge überdenken.
a) hätten sie in die implantatbehandlung sowieso eingewilligt (da es die richtige behandlung ist)?
b) wenn das soforimplantat erfolgreich ist, haben sie dann einen schaden?
es ist fraglich, ob es zum jetzigen zeitpunkt sinnvoll ist, den rechtsweg zu beschreiten.
gruß
b. zahedi



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