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Antwort auf: crestale oder BOI-Implantate

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crestale oder BOI-Implantate

Christof Becker
Christof Becker

Mir wurde im linken Unterkiefer der Zahn 36 gezogen. Als Versorgung der Lücke ist eine Brücke oder ein Implantat möglich. Im Internet habe ich nun eine Seite gefunden, in der darüber informiert wird, dass nach einer Veröffentlichung der Uni Wien sämtliche crestalen Seitenzahnimplantate nach spätestens 4 Jahren herausfallen. An einer anderen Stelle steht, dass crestale Implantate im Seitenzahnbereich kontraindiziert seien und mehr als 50% verloren gehen.

Als Alternative werden BOI-Implantate genannt. Allerdings scheint es kaum Kiefernchirurgen zu geben, die diese Implantate kennen bzw. setzen.

Bevor ich mich für irgendeine Lösung entscheide, würde ich gerne wissen, was Ihre Spezialisten von den obigen Behauptungen und den BOI-Implantaten im Verhältnis zu crestalen Implantaten halten.

Mit freundlichen Grüssen

Christof Becker



Munz
Munz

,,Normale", crestale Implantate sind nach fünf Jahren noch zu ca. 95% ohne Probleme im Kiefer. BOI Implantate spielen eine gewisse Sonderrolle, sind auf jeden Fall selten. Falls es eine Wiener Untersuchung überhaupt gibt, so wäre sie im Widerspruch zu zahlreichen anderen, sicher seriösen Untersuchungen. Auch meine eigenen Behandlungen sprechen für einen grossen und sicheren Erfolg normaler Implantatschrauben



Dr. Dr. Osswald
Dr. Dr. Osswald

Ich hatte es ja schon angesprochen, Herr Becker, dass es schwierig ist, wirklich verläßliche Zahlen über die Verlustrate von Implantaten zu bekommen, weil die Frühverluste in viele Statistiken und insbesondere die Werbung gar nicht eingehen. Allen Zahlen über 90 % misstraue ich zunächst einmal grundsätzlich. Sicher ist es aber auch ein Unterschied, wo man implantiert (der Unterkiefer hat in der Regel eine bessere Knochenqualität als der Oberkiefer) und ob überhaupt genug Knochen da ist, um ohne zusätzlichen Knochen aufbauen zu müssen, implantieren zu können. Ist Knochenaufbau nötig, dann erhöht sich naturgemäß das Risiko des Verlustes.

Natürlich ist der statistische Erfolg auch abhängig von demjenigen, der implantiert, insbesondere sicher auch davon, wie mutig oder vorsichtig er ist, d.h. wie viele Risiken er einzugehen bereit ist, um einen Patienten mit wie wenig Restknochen auch immer denn unbedingt mit Implantaten zu versorgen. Wenn also ein Wiener Zahnarzt wirklich berichten sollte, er habe eine Verlustrate von 50 % (was ich nicht so recht glauben mag, weil ich nicht so sehr auf die Ehrlichkeit der Menschen vertraue, darüber hinaus würde eine solch horrende Verlustrate einerseits für sehr viel Mut beim Implantieren, andererseits aber auch für gnadenlose Ehrlichkeit beim Veröffentlichen der eigenen Ergebnisse sprechen, was ich für eine unwahrscheinliche Kombination möglicher zahnärztlicher Charaktermerkmale halte), so mag das für ihn persönlich dann vielleicht sogar stimmen. Das es die Wiener Uni ist, mag ich nicht glauben, dass es ein Zahnarzt ist, der an der Uni Wien einmal studiert hat, schon eher.

Um Ihnen weiter zu helfen, vielleicht Folgendes:
bei Ihnen wird im Unterkiefer implantiert, also dort wo der bessere Knochen ist. Wenn es noch dazu unnötig ist, zusätzlichen Knochen aufzubauen, dann vermindert das das Risiko noch einmal deutlich. Eine Verlustrate von 50% halte ich für einen einigermaßen erfahrenen Implantologen für absolut unwahrscheinlich und kann ihnen aus eigener implantologischer Erfahrung sagen, dass das sehr weit weg von der Regel wäre. Nicht auszuschließen ist jedoch, dass es aus welchem Grunde auch immer, gerade Sie trifft. Auch bei einer Erfolgsrate von 99 % trifft es ja einen von Hundert. Deshalb ist es uf der anderen Seite sicher nicht verkehrt, einmal innezuhalten und darüber nachzudenken, ob man denn unbedingt ein Implantat will oder braucht, nur weil es so modern ist und über alle möglichen Kanäle so massiv beworben wird. Falls es sich um eine zahnbegrenzte Lücke handelt, so haben Sie ja Alternativen. Konventionelle, festsitzende Brücken stellen eine ausgezeichnete, ästhetisch einwandfreie und häufig ästhetisch überlegene Versorgung einer solchen Lücke da, die durch Jahrzehnte in ihrem Langfrist-Erfolg belegt ist. Insbesondere ist der Gedanke an eine solche Versorgung nicht verkehrt, wenn die beiden Nachbarzähne nicht mehr völlig unschuldig sind, sondern bereits mit größeren Füllungen oder gar mit älteren Kronen versorgt sind. Möglicherweise können Sie da mehrere Fliegen mit einer Klappe schlagen und sparen darüber hinaus noch eine Menge Geld.

Was die basalintegriereden Implantate betrifft, so läuft zur Zeit eine massive Marketing-Offensive derjenigen (oder desjenigen) Unternehmen/s, die diese Implantate herstellen, die mit harten Bandagen geführt wird. Diese Offensive weist in meinen Augen nötigende Aspekte auf, wobei interessierte, aber kritische Fragen von Kollegen von den Promotoren offensichtlich nicht gerne gehört oder beantwortet werden. Ich spreche da durchaus aus Erfahrung. Ich bin dabei in keinem Fall gegen basalintegrierende Implantate, wenn sie denn genau so gut oder gar besser funktionieren. Ob sie aber funktionieren ist die entscheidende Frage, die aus Sicht des implantologisch tätigen Zahnarztes im Moment nicht zu beantworten ist, da es einfach so ist, dass diejenigen, die sie promoten nur sehr wenige Studien von sehr wenigen immer gleichen Leuten über im Vergleich zu anderen Systemen wenige Fälle vorlegen können. Insgesamt kann ich mich des Eindrucks nicht erwehren, dass es harte Zahlen, die das, was die Hersteller und die wenigen Nutzer behaupten, nicht so recht gibt. Untersuchungen von deutschen oder amerikanischen Universitäten, denen man zumindest eine gewisse Unabhängigkeit unterstellen kann, gibt es offensichtlich auch nicht. Darüber hinaus wird nach meinem Eindruck sehr häufig das Design der Implantate grundlegend verändert (Disk, dann Doppeldisk, dann eine Art von U-förmiger Spange), so dass man sich fragt, woher denn die hohen Zahlen, die ein gleichwertiges oder besseres Funktionieren überhaupt erst nachweisen könnten, denn überhaupt herkommen sollen, zumal nur sehr wenige Implantologen diese Implantate benutzen, und warum es erforderlich ist, so oft und so grundlegend das Design zu ändern, wenn sie denn so toll funktionieren. Sei es, wie es will, aber mit Sicherheit sind krestale Implantate wesentlich besser untersucht.

Als eigentlich gut unterrichteter Zahnarzt mit einiger implantologischer Erfahrung würde ich mir im Moment persönlich kein basalintegrierendes Implantat einsetzten lassen, wenn ich genug Knochen für ein crestales hätte. Hätte ich nicht genug Knochen und müßten größere Eingriffe vorgenommen werden, um diesen Knochen erst einmal zu schaffen, würde ich versuchen, mich noch besser zu informieren als es mir bisher gelungen ist, obwohl das selbst für einen Fachmann offensichtlich schwieriger zu sein scheint, als man das annehmen würde, obwohl er sich bemüht.

Ich denke jedoch, dass dieser Streit für Sie auch nicht von Belang ist, da es sich um ganz andere Fälle dreht. Es geht nämlich um die Frage, ob es besser ist, basalintegrierende Implantate zu nehmen, wenn nur sehr, sehr wenig Knochen vorhanden ist, anstatt zur Vorbereitung des Knochenlagers für crestale Implantate große Knochenaufbau-Operationen durchzuführen, die beispielsweise die Entnahme von Knochen aus dem Beckenkamm erfordern.

Herzliche Grüße

Osswald



C.Klare
C.Klare

Sie haben absolut Recht, Herr Dr. Oswald, dieser Streit verunsichert aber auch uns Patienten- jede Mutter lobt ihre eigene Butter -. Tatsache ist, dass weniger BOI-Implantate gesetzt werden müssen, auch bei ungünstigen Kieferverhältnissen und das dann natürlich auch billiger ist, und wer von uns Normalverdienern kann sich schon mühelos Implantologie leisten, ohne sich dabei ziemlich zu überschulden. Aber aus eigener Erfahrung weiß ich auch, dass "unbequeme Fragen" von den Machern des BOI-Forums einfach gelöscht werden - auch nicht die feine englische Art-. Gerade jetzt hatte ich e-mail-Kontakt zu einem Herrn dessen Freundin sich für 10.000 Euro 6 Boi-Implantate in den Unterkiefer setzen lassen hat, Erfolg gleich Null, sie kann nicht mehr zubeißen. Ist doch fantastisch - oder? Aber das gleiche ist in meinem Bekanntenkreis passiert (Entfernung aller 4 Schrauben-Implantate!!! nach Nervenschädigung) - nicht mal eine Entschuldigung kam, von Kostenerstattung ganz zu schweigen. Sie sehen, hüben wie drüben ---- und nun?



Dr. Dr. Osswald
Dr. Dr. Osswald

10.000 Euro für 6 BOI-Implantate, Frau Klare,
kommt mir nicht wesentlich preiswerter vor als für 6 crestale Implantate (Falls nicht eine sehr große Suprakonstruktion enthalten ist, dann allerdings sehr), die Zahl an Implantaten ist auch nicht deutlich reduziert (auf 6 krestalen Implantaten kann man bei gutem Knochen im UK auch alle Zähne ersetzen).

Entfernung ALLER 4 Schrauben-Implantate wegen "Nervschädigung" ist für mich nicht einfach nachvollziehbar, weil es kaum vorstellbar erscheint, dass alle 4 Implantate gleichzeitig irgendwelche Nerven geschädigt haben.

Was die Kostenerstattung von echten oder vermeindlichen Behandlungsfehlern oder Misserfolgen betrifft, so ist das in Deutschland auch für private Leistungen für die Patienten im Allgemeinen recht gut organisiert. Die meisten Zahnärztekammern unterhalten sogenannte Schiedsstellen, an die man sich zunächst einmal wenden kann und die dann unbürokartisch und vor allen Dingen sehr schnell versuchen, nachdem sie sich durch eine unabhängige zahnärztliche Untersuchung ein eigens Bild von der Situation gemacht haben, die unterschiedlichen Auffassungen von Patient und Behandler zu objektivieren und zu einem Konsens zu kommen. Dabei enstehen, wenn ich da aus den zahnärztlichen Mitteilungen richtig informiert bin, für den Patienten und den Zahnarzt keinerlei Kosten Man muss also nicht gleich zum Rechtsanwalt gehen und teure Gutachten anfertigen lassen. Wenn es richtig ist, was man so liest, dann sind diese Schiedsstellen in ihrer Tätigkeit sehr erfolgreich und vermeiden zahlreiche unnötige Streitereien und Prozesse. Häufig genug kommt es anscheinend vor, dass das Vertrauen des Patienten aufgrund von durch den Zahnarzt unverschuldeten Komplikationen stark beschädigt ist. Die objektive Meinung eines Dritten (zB. die Schiedsstelle) hilft, dieses Vertrauen wieder herzustellen und zu einer einvernehmlichen Lösung des Problems zu kommen oder gibt im umgekehrten Fall wertvolle Hinweise, mit denen der Patient vor Gericht sehr gut argumentieren kann, bzw. dem Zahnarzt deutliche Hinweise, dass es besser wäre, einen Prozess zu vermeiden.

Viele Grüße

Osswald



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