Motor der Implantologie in den neuen Bundesländern: DGI-Ehrenmitgliedschaft für Prof. Dr. Hans-Ludwig Graf


Für seine Verdienste um die Implantologie von der Vorwendezeit bis heute, auch über die neuen Bundesländer hinaus, hat die Deutsche Gesellschaft für Implantologie/DGI am 20. Juni 2013 in Leipzig Prof. Dr. Hans-Ludwig Graf mit der Ehrenmitgliedschaft der wissenschaftlichen Fachgesellschaft ausgezeichnet. Dr. Gerhard Iglhaut, Präsident der DGI, überreichte im Rahmen der 20-Jahr-Feier des MVZI/Mitteldeutscher Landesverband im DGI e.V. dem Geehrten die Urkunde und das Ehrenbuch, um sich dort einzutragen.

Für seine Verdienste um die Implantologie von der Vorwendezeit bis heute, auch über die neuen Bundesländer hinaus, hat die Deutsche Gesellschaft für Implantologie/DGI am 20. Juni 2013 in Leipzig Prof. Dr. Hans-Ludwig Graf mit der Ehrenmitgliedschaft der wissenschaftlichen Fachgesellschaft ausgezeichnet. Dr. Gerhard Iglhaut, Präsident der DGI, überreichte im Rahmen der 20-Jahr-Feier des MVZI/Mitteldeutscher Landesverband im DGI e.V. dem Geehrten die Urkunde und das Ehrenbuch, um sich dort einzutragen. In seiner mit vielen Anekdoten angereicherten und persönlich akzentuierten Laudatio erinnerte Dr. Steffen Borrmann, langjähriger Vizepräsident des MVZI und Wegbegleiter von Professor Graf, an die herausragenden und notgedrungen oft auch unkonventionellen Leistungen des Leipziger Wissenschaftlers. Bereits Mitte der 70er Jahre habe es in der damaligen DDR erste Informationen zur Implantologie gegeben: „Diese neuen Gedanken musste man zu diesem Zeitpunkt als subversiv ansehen. Aber Namen wie Linkow, Sammy Sandhaus, Andre Schröder, Willy Schulte und Ledermann faszinierten und infizierten uns!“ Sowohl an den Universitäten und Hochschulen, aber auch in anderen Einrichtungen habe es Kollegen gegeben, die „ihre Antennen weit ausgefahren hatten und alles aus der Luft herausfilterten, was nach Sinn, Fortschritt und Implantologie aussah.“ Es entstanden unabhängig voneinander viele kleine Denkfabriken und Zirkel, und „gegen Widerstände zum Teil biblischen Ausmaßes begann man zu experimentieren und zu forschen.“ Dabei entstanden Techniken, die sich später in modernen Verfahren wiederfanden wie eine oszillierende Säge, deren Grundgedanke sich in der „neuen“ Piezo-Chirurgie wiederfindet. Auch Keramik als Werkstoff für Implantate war Thema in den Forscherkreisen der DDR. In dieser Zeit betrieb Dr. Graf zusammen mit Dr. Wolfram Knöfler Grundlagenforschung rund um das Material Titan und entwickelte eine Oberflächenveränderung mittels aniodischer Oxydation unter Funkenentladung. Dr. Borrmann: „Eine bahnbrechende Idee! National wurde sie wahrgenommen, international nicht – ein Drama!“ Dabei hatten die Forscher in der DDR immer wieder Hürden bei der praktischen Umsetzung neuer Verfahren zu überwinden.
Zwar standen nach der „Wende“ ausreichend Materialien und Verfahren zur Verfügung, aber auf der persönlichen Ebene gab es doch allerhand schmerzliche Erfahrungen: „Die bis dahin entwickelten Implantatsysteme verschwanden in der Versenkung, und langsam entstand eine industriedominierte Situation.“
Die Veränderungen führten zu einer Orientierungslosigkeit unter den implantationswilligen und –fähigen Kolleginnen und Kollegen, und um ihnen allen einen fachlichen und unabhängigen Rückhalt zu bieten, gründete sich 1993 „bei Kaffee und Kuchen in der Privatwohnung von Dr. Knöfler“ die Mitteldeutsche Vereinigung für zahnärztliche Implantologie, Dr. Knöfler wurde auch ihr erster Präsident. Dr. Borrmann: „Es gab in der Gründungszeit ein fantastisches Betreuungsverhältnis von 2:1 – man könnte mit Augenzwinkern sagen:  2 Vorständler betreuten 1 MVZI-Mitglied! Eine wahrhaft familiäre Atmosphäre, an die wir heute noch mit Schmunzeln zurückdenken.“ Seit dem Jahr 2001 führte Professor Graf die MVZI; er baute die curriculären Fortbildungen aus, die 1995 mit der Landeszahnärztekammer Sachsen installiert wurden und bis heute gut gebucht sind. Die erfolgreichen Kongresse wurden unter seiner Leitung zu einem eindrucksvollen Erfolgsprogramm und haben sich heute als starke eigene Marke in der implantologischen Fortbildungslandschaft etabliert.
 
Um territoriale Grenzen abzubauen, suchte die MVZI nach einem starken national und auch international agierenden Partner und führte dabei konstruktive Gespräche mit der als „gut organisiert, strukturiert und gut geführt“ empfundenen DGI, unter Leitung ihres damaligen Präsidenten Prof. Dr. Günter Dhom. Die beiden Präsidenten Dhom und Graf führten in „außerordentlich freundschaftlicher, angenehmer, konstruktiver Atmosphäre auf gleicher Augenhöhe“ (Borrmann) die fachlichen und auch juristischen Verhandlungen, die im Jahr 2007 in der von der Mitgliederversammlung beschlossenen Zusammenarbeit mündeten. Zum damaligen Zeitpunkt war der MVZI – nunmehr Landesverband und quasi „Tochter“ der DGI – bereits älter als die „Mutter“, die sich erst rund ein Jahr nach der Mitteldeutschen Vereinigung konstituiert hatte.
Dr. Borrmann in seiner Laudatio: „Die Entwicklung des MVZI als Landesverband in der DGI, ja, die gesamte Entstehung der Implantologie im Osten unseres Landes ist untrennbar mit dem Namen Hans-Ludwig Graf verbunden. Er muss als Mitbegründer der MVZI als auch als einer der Hauptinitiatoren der Forschung und Entwicklung der ostdeutschen Implantologie genannt werden. National und international erfährt er ob seiner Leistungen in Forschung und Entwicklung für die Implantologie eine hohe Reputation, als Hochschullehrer genießt er bei seinen Kollegen Respekt und höchste Anerkennung, und seine Studenten kennen ihn als wortgewandten, sympathischen Wissensvermittler.“
DGI-Präsident Dr. Iglhaut schloss sich den Ausführungen Dr. Borrmanns an und meinte: „Ihr seid immer älter als wir!“ Das Dach DGI wachse, die wissenschaftliche Gesellschaft sei daher nicht zuletzt stolz auf ihre Landesverbände, die die Basis-Kontakte pflegten und die von der DGI gelebte Politik der engen Verbindung von Wissenschaft und Praxis in den Regionen spürbar werden ließen: „Die Landesverbände sind die Säulen unseres Erfolges und unsere Stütze auf dem Weg in die Zukunft!“ Dr. Iglhaut ehrte Professor Graf als herausragenden Wissenschaftler, der enorm viel geleistet habe, und begrüßte ihn als 14. Ehrenmitglied der DGI. Unter anhaltendem Applaus trug sich Prof. Dr. Hans-Ludwig Graf in das Ehrenbuch der DGI ein.
 
 
Kästchen
Veränderungen für die ostdeutsche Implantologie durch die „Wende“
In einem Beitrag zur Geschichte des MVZI (www.dgi-ev.de) hat Professor Graf die „Wende“-Probleme für die implantologisch forschenden und arbeitenden Kollegen in den neuen Bundesländern so geschildert: „Die Umstrukturierungen im Verlauf der Hochschulerneuerung in den neuen Ländern brachte es mit sich, dass die Entwicklergruppen, die in der Regel auch Kristallisationszentren der klinischen Implantologie waren, zerstört wurden oder ihre klinische Arbeit mit Implantatsystemen fortsetzten, die in den alten Bundesländern etabliert waren. Weder die Erfurter Implantattypen aus Al2O3-Keramik noch die MLW-Titanblattimplantate und MLW-Retentionszylinderimplantate aus Leipzig konnten mit dem inzwischen erreichten Entwicklungsstand der Implantatsysteme in den alten Bundesländern mithalten. Erstere wegen des Grundmaterials, letztere wegen feinmechanisch-konstruktiver Probleme.“

Letzte Aktualisierung am Mittwoch, 03. Juli 2013