Gicht: Selbstheilung durch weisse Blutkörperchen


Nach starkem körperlichem Stress, einer üppigen Mahlzeit und/oder einem ausgiebigen Abend mit Freunden und zuviel Alkohol kann ein Gichtanfall entstehen. Gicht ist eine Stoffwechselstörung, bei der es zu einer krankhaften Erhöhung der Harnsäurekonzentration im Blut kommt. Nadelspitze Harnsäurekristalle lagern sich in der Folge im Gewebe ab und führen häufig ohne Vorwarnung nachts oder früh morgens zu erheblichen Schmerzen typischerweise zuerst an einzelnen Gelenken oder Schleimbeuteln.

Die Bewegung fällt schwer, das betroffene Gelenk ist geschwollen, heiß und sehr berührungsempfindlich. Doch der Anfall, oft mit Fieber begleitet, ebbt auch ohne Behandlung nach mehreren Stunden oder Tagen wieder ab. Die Harnsäurekristalle sind dabei nach wie vor im menschlichen Gewebe vorhanden, der Körper scheint sich an dieser Stelle selbst zu heilen. 

Ursachen und Funktionen dieser trickreichen „Selbstheilungsprozesse“ waren bisher unbekannt. Neueste Forschungsergebnisse von Wissenschaftlern der Universität Erlangen-Nürnberg wecken nun bei Erkrankten mit chronischen Entzündungen im Gewebe/an Gelenken und fehlgesteuerter Selbstheilung berechtigte Hoffnung auf bessere Therapien.

Die Forschungsergebnisse: Kleine Fresszellen des Körpers, die sogenannten neutrophilen Granulozyten (weiße Blutkörperchen), stoßen zum Entzündungsherd in einem Gelenk vor und bringen dort die Gewebezellen regelrecht zum Explodieren. In der Folge dieser körpereigenen „Anschläge“ auf die Zellen entstehen Netze aus Eiweißen und DNA (Teilen des Zellinformationsspeichers des Körpers), die Gefahren wie Entzündungsbotenstoffe und Gichtkristalle umhüllen. In diesem „Therapienetz“ werden die schädlichen Stoffe abgebaut, die Entzündung wird dadurch eingedämmt oder gestoppt. Schlussendlich bleiben sogenannte Gichtknoten übrig, die man sogar unter dem Mikroskop erkennen kann.

Bei manchen schweren Erkrankungen mit angeborenen genetischen Defekten und/oder fehlgesteuerten Reaktionen des menschlichen Immunsystems ist unter anderem die Wirkungsweise der neutrophilen Granulozyten als „Entzündungsbekämpfer“ gestört. Ein solcher Organismus kann folglich auch diese Netze nicht ausbilden. So hoffen Forscher und Erkrankte, dass beispielweise bei der Autoimmunerkrankung Lupus erythematodes („Lupus-Krankheit“, LE) und der zystischen Fibrose, einer Lungenerkrankung junger Menschen, die Forschungsergebnisse der FAU-Wissenschaftler Aussicht auf neue Therapien bringen.

 

Anmerkung der Redaktion:

Harnsäure ist ein natürliches körpereigenes Produkt beim Abbau von Purinen in Körperzellen (Zellstoffwechsel), welches über die Nieren (80%) und über den Darm (20%) ausgeschieden wird. Zusätzlich entsteht Purin aber auch als Ausscheidungsprodukt von Nahrungsmitteln wie Fleisch, Innereien und fleischlichen Wurst- und Schinkenprodukten. Ist das Gleichgewicht zwischen Ausscheidung und Bildung der Harnsäure gestört, ist die Harnsäurekonzentration im Blut zu hoch.

Neben angeborenen Formen dieser Stoffwechselstörung mit Erhöhung des Harnsäurespiegels können auch Faktoren wie die Qualität der Ernährung, die Bewegung, sowie Krankheit, Medikamenten und Übergewicht die Ursache sein. Diese Umweltfaktoren können von Gichterkrankten durch eine Veränderung Ihres Lebensstils beeinflusst werden.

Männer sind mit 80 Prozent der Gichtpatienten eher betroffen als Frauen. Die Krankheit entsteht bei Männern meist zwischen dem 40. Und dem 60. Lebensjahr, Frauen erkranken in der Regel erst nach den Wechseljahren an Gicht.

Ohne Behandlung dieser Stoffwechselstörung können chronische Gelenkentzündungen, Gelenkschäden oder -verformungen (-deformationen) der Gelenkstellung entstehen. Da sich in der Niere ebenfalls Harnsäurekristalle ablagern, können bei dauerhafter Konzentration von Harnsäure im Blut Nierensteine sowie Nierenschäden bis zum Nierenversagen drohen. Nähere Informationen erhalten Sie von Ihrem zuständigen Facharzt.

Letzte Aktualisierung am Freitag, 20. Juni 2014