21. Sommersymposium des MVZI im DGI e.V.: „Bei Risiken und Komplikationen...“


Worum es heute in der Implantologie – auch – geht, hatte Dr. Andreas Wagner, Präsident der Landeszahnärztekammer Thüringen, in seinem Grußwort zum 21. Sommersymposium des Mitteldeutschen Landesverbandes für Zahnärztliche Implantologie/MVZI im DGI e.V. gut auf den Punkt gebracht: „Trotz korrekten Vorgehens bei allen Behandlungsschritten – der Planung, der Vorbehandlung, der Implantatinsertion, der Augmentationsverfahren, der prothetischen Therapie und der Nachsorge – sind Komplikationen und Misserfolge nicht immer vermeidbar.

Deshalb ist ein systematisches Komplikationsmanagement (...) sehr wichtig.“ Auch aus ethischer Sicht sei eine Fehlerkultur unabdingbar, die offen und positiv über kritische Ereignisse kommuniziere.

Genau das hatte sich der Vorstand des MVZI unter Leitung seines Präsidenten Dr. med. Thomas Barth für das diesjährige Sommersymposium am 13. und 14. Juni in Erfurt auch vorgenommen – und mit einer herausragenden Übersicht über die verschiedensten Aspekte auch erreicht. Ein attraktiver Schritt: Die Kombination von 24 Referenten aus dem Kreis bundesweit renommierter Experten, aus Mitgliedern des eigenen Verbandes, aus Nachwuchs-Kollegen und auch spannenden Repräsentanten benachbarter medizinischer Disziplinen. Die Mischung aus Wissenschaft und Praxis, aus Theorie und eigenen Erfahrungen vermittelte an den zwei Tagen im Erfurter Kaisersaal eine wahrlich umfassende Übersicht über die eindrucksvoll fortgeschrittene aktuelle Implantologie, die sich nicht nur der Erfolge, sondern auch der Risiken bei allen Schritten des Verfahrens bewusst ist und sich der Minimierung möglicher Komplikationen verantwortungsvoll und diskussionsoffen stellt. Besonderen Applaus gab es für den Mut der Referenten, eigene Misserfolge und Komplikationen zu präsentieren und anhand der „Fehler“ darzustellen, wie sie hätten vermieden werden können – oder eben auch nicht, weil damalige Entwicklungen dies nicht zuließen oder die Biologie ihren eigenen Weg geht und nicht immer den Zielen der Planung folgt wie bei der Resorption transplantierten Knochens. Einen interessanten Aspekt gab Dr. Gotthard Knoll, Facharzt für Chirurgie, Orthopädie und Unfallchirurgie und Klinik-Chefarzt/Leipzig durch seinen Einstiegs-Vortrag mit in die Komplikations-Debatte: Seit Einführung individualisierter orthopädischer Implantate seien die ohnehin geringen Misserfolge noch weiter deutlich zurückgegangen. Auch ein anderer Aspekt war im Sinne der Komplikationsprophylaxe übertragbar auf die Zahnärzteschaft: „Lassen Sie sich nicht im Ausland behandeln...“

Beim Sommersymposium in Erfurt wurde mehr als deutlich, welche enorme Rolle die Planungsphase bei der Vermeidung von Komplikationen spielt – und auch die ausführliche Diagnostik im Vorfeld. Dazu gehört die Suche nach den Ursachen des Zahnverlustes (insbesondere bei vollständiger Zahnlosigkeit), darunter Punkte wie genetische Disposition, bestehende Medikation, Qualität des Biofilms und Widerstandskraft des Parodonts. Ein zweiter Kernaspekt: die richtige Positionierung der Implantate. Fehlpositionierung kann, das zeigte einer der Vorträge eindrucksvoll, auch bei Guided Surgery vorkommen. Hinsichtlich der Implantatauswahl geht, so die Referenten in einem dritten Themenkomplex, die umfangreiche Erfahrung mit einem System vor Vielfalt in den Praxisschränken – wer neue Systeme testet, muss sich, wie eindrucksvolle Fallbilder zeigten, intensiv mit ihnen auseinandersetzen, um Insertionsfehler zu vermeiden. Bei Augmentationen, dem vierten Themenschwerpunkt, sollten laut der Experten zusätzliche Risiken durch aufwändige Eingriffe gut auf sinnvolle Alternativen hin geprüft werden. Ein spannender Unterpunkt: Septen in der Kieferhöhle. Sie sind, wurde deutlich, für eine Sinusbodenelevation kein zwingender Hinderungsgrund – man kann an ihnen vorbei augmentieren. Zu den großen Feldern für Komplikationen scheinen nicht zuletzt die Sinusbodenelevationen nicht zu gehören: Die HNO-Abteilung des Erfurter Klinikums, berichtete Dr. Ulrich Kunze aus seiner Abteilung, hat sehr selten Komplikationen nach Sinusbodenelevantionen zu beheben, wird aber häufiger im Vorfeld zu Beseitigung störender Strukturen wie Zysten involviert.
Neben weiteren Aspekten wurden auch mechanische Gründe als mögliche Ursachen für einen Misserfolg präsentiert, hier nicht zuletzt die Folgen der Belastungsunterschiede: Die Tastschwelle und die Kaukräfte auf einem Implantat sind acht bis zehnmal höher als auf natürlichen Zähnen.

Was unter der Überschrift „Was schief gehen kann, geht auch schief“ präsentiert wurde, zog sich wie ein roter Faden durch die beiden Kongresstage: Wenn das Bauchgefühl sagt, dass – beispielsweise – eine prothetische Versorgung eines etwas fehlpositionierten Implantates zu Komplikationen führen könnte, solle man die Versorgung lassen und in ehrlicher Kommunikation mit dem Patienten eine sichere Lösung entwickeln. Zentrale Botschaft: Um Risiken gering zu halten, sollten nicht Zähne durch Implantate ersetzt werden – sondern fehlende Zähne.

Für die hohe Anzahl an gut strukturierten und bis in das Thema Vaskularisierung reichenden Vorträgen bot der Kaisersaal in Erfurt ebenso einen ausgesprochen schönen Rahmen wie für das traditionelle und beliebte Abendprogramm. Dass das Vortrags-Konzept insgesamt sehr gut angenommen wurde, zeigte sich an der kaum minimierten Anzahl an Teilnehmern gegen Tagungsende am frühen Samstag Abend. Dr. Barth konnte bei den Schlussworten nicht nur viel erhaltenes Lob für das Programm vermelden, das der erkrankte Tagungspräsident Prof. Dr. Wolfgang Sümnig vorbereitet hatte, sondern auch schon nach vorne schauen: Das 22. Sommersymposium, verriet er, tage in 2015 in Halle/Saale.

> Fachliche Aspekte aus den zahlreichen Vorträgen sind in einer Langversion der Pressemeldung online verfügbar: www.dginet.de/web/dgi/nachlese_mvzi_2014

Letzte Aktualisierung am Mittwoch, 30. Juli 2014