Würgereiz ist keine Ausnahmeindikation für eine Versorgung mit Implantaten

Die zahnärztliche Behandlung von Patienten mit Würgereiz ist häufig sowohl für Behandler wie Patient gleichermaßen anstrengend und frustrierend. Eine Therapie zieht sich häufig in die Länge und ist bisweilen sogar unmöglich.

Für die Patienten selbst sind Zahnarztbesuche und -Behandlungen eine ziemlich unangenehme Sache. Alles, was zu tief und an den falschen Ort in den Mund eingeführt wird, verursacht einen reflexartigen Reiz. Die Schlundmuskulatur zieht sich dabei zusammen, Speichel wird produziert, Tränen schießen aus den Augen. Der Würgreflex an sich ist eine sinnvolle Einrichtung der Natur, denn dadurch sollen die vermeintlich verstopften Atem- und Rachenwege frei gemacht werden. Was ist aber, wenn Zahnspangen, Abformungen beim Zahnarzt oder sogar die Prothese vom Körper als Fremdkörper empfunden wird?

Implantate können die Lösung sein, sie erlauben beispielsweise im Oberkiefer eine Vollprothese, die normalerweise den empfindlichen Gaumen bis an die Grenze zum weichen Gaumen bedeckt, auf Pfeilern in Form eines runden Kranzes zu gestalten. Der Gaumen ist frei und man hat keine große Kontaktfläche mit der Prothese.

Doch Implantate sind nach Paragraph 28 Absatz 2 Satz 9 Sozialgesetzbuch V (SGB V) nicht Bestandteil des zahnärztlichen Leistungskatalogs und werden nicht von der gesetzlichen Krankenkasse getragen. Ausnahmen von dieser Regelung müssen bestimmten Voraussetzungen genügen, die vom Gemeinsamen Bundesausschuss (G-BA) genau festgelegt wurden. Dabei gilt alsAusnahmeindikation, wenn ohne Implantate eine normale zahnärztliche prothetische Versorgung nicht umsetzbar ist. Dies kommt unter anderem bei Patienten mit großflächigen Knochendefekten nach Tumoroperationen am Kiefer/im Gesicht oder bei nicht willentlich beeinflussbaren, muskulären Fehlfunktionen im Mund- und Gesichtsbereich vor. In diesem Falle kann ein gesetzlich Versicherter auf Antrag Ansprüche auf eine Implantatbehandlung geltend machen.

Ein extremer Würgereiz ist nicht Bestandteil dieses Ausnahmekatalogs und löst dem entsprechend keine Indikation für eine Implantatversorgung aus. Das Sozialgericht Berlin und in der Folge auch das Landessozialgericht Berlin-Brandenburg bestätigten in ihren Urteilen, dass bei Würgereiz kein Anspruch auf eine Implantatbehandlung besteht. Sie gründen ihr Urteil darauf, dass ein Würgereiz als eine vegetative oder psychomotorische Störung des Atemsystems anzusehen sei und dem entsprechend im Hals- und nicht im Kiefer-, Gesichtsbereich anzusiedeln sei. Interpretationen der vom GBA festgelegten Ausnahmeindikation seien somit nicht möglich.

 

Quellen: Sozialgericht Berlin (S 86KR 160/11ER), Landessozialgericht Berlin-Brandenburg (L9KR 34/11BER)

 

Letzte Aktualisierung am Dienstag, 26. April 2016

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