HIV: Beschwerden im Mund können auf Herzprobleme hinweisen

Leipzig, September 2011 – Ausgeprägte Probleme im Mundbereich sind bei

HIV-Infizierten mit einem vierfach erhöhten Herz-Kreislauf-Risiko

verbunden. Dies berichten Zahnmediziner der Poliklinik für

Kieferorthopädie am Universitätsklinikum Leipzig in der aktuellen

Ausgabe des renommierten Fachmagazins „International Journal of

Cardiology“. Auch bei Patienten, die bislang keine

Herz-Kreislauf-Symptome zeigten, könnten Zahnfleischschmerzen und andere

Beschwerden im Mundbereich auf eine beginnende Herzerkrankung

hindeuten, so die Wissenschaftler.


 

Mit der Entwicklung moderner Therapien, die das HI-Virus in Schach

halten, sterben immer weniger HIV-Infizierte an AIDS. Dadurch gewinnen

Folgeerkrankungen der Immunschwäche zunehmend an Bedeutung. So

untersucht die „HIV-Herz-Studie“ des Kompetenznetzes Herzinsuffizienz in

Zusammenarbeit mit dem Kompetenznetz HIV/AIDS das erhöhte Risiko

HIV-infizierter Patienten für Herz-Kreislauf-Erkrankungen. „Uns war

schnell klar, dass die Fragestellungen dieser Studie vielfältige

Verbindungen zur Mund- und Zahngesundheit besitzen; auch Letztere ist

bei Trägern des HI-Virus stark beeinträchtigt“, berichtet die Leipziger

Zahnärztin Dr. med. dent. Bianca Gelbrich. Sie initiierte eine

Befragung, bei der die Teilnehmer der HIV-Herz-Studie Angaben darüber

machten, wie häufig sie unter Zahn- und Zahnfleischschmerzen litten,

wunde Stellen im Mund hatten oder von Mundtrockenheit, Mundgeruch und

ähnlichen Problemen geplagt wurden.


Wie die Auswertung der Daten von 372 Patienten ergab, hatten die

HIV-Infizierten fast doppelt so häufig Beschwerden im Mundbereich wie

die Normalbevölkerung. Sehr beeindruckend war der in den Analysen

gefundene Zusammenhang zwischen Mund- und Herzgesundheit. Von den

Patienten mit starker Belastung durch Probleme mit Zähnen, Zahnfleisch

und Mundschleimhaut hatten 47 Prozent einen auffälligen

Herz-Kreislauf-Befund; bei Patienten ohne Beschwerden waren dies nur 11

Prozent. Besonders interessant war die Gruppe der Teilnehmer, bei denen

noch nie eine Herz- oder Gefäßkrankheit diagnostiziert worden war und

die auch keine Symptome einer solchen Erkrankung hatten: Hier fanden die

Ärzte bei 31 Prozent der Patienten mit stark beeinträchtigter

Mundgesundheit im Herzultraschall erste Anzeichen von Krankheiten des

Herzmuskels und der Herzkranzgefäße. Bei den Patienten mit guter

Mundgesundheit waren dies nur sieben Prozent. Die Beobachtungen konnten

nicht dadurch erklärt werden, dass Einflussfaktoren wie etwa das Alter

oder Rauchen das Risiko vieler Erkrankungen erhöhen. Der Zusammenhang

zwischen Herz- und Mundgesundheit war jedoch bei jenen Patienten am

deutlichsten, die bereits schwere Phasen der Immunschwäche durchlebt

hatten.


„Die Symptome an Zähnen oder Zahnfleisch erwiesen sich als Indikatoren

für ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko“, kommentiert Dr. Gelbrich das

Ergebnis ihrer Untersuchung. Darüber, wie genau Mund- und

Herzerkrankungen zusammenhängen, können die Wissenschaftler bislang nur

spekulieren. Chronische Entzündungen, etwa bei einer schweren

Zahnfleischentzündung (Parodontitis), sind – auch bei

Nicht-HIV-Infizierten – Risikofaktoren für die Entstehung einer

Herz-Kreislauf-Erkrankung. Wissenschaftler gehen davon aus, dass

Entzündungsbotenstoffe und Bakterien, die aus dem Mund über die Blutbahn

in den Körper gelangen, die Gefäßwände schädigen und so Schlaganfall

und Herzinfarkt mit verursachen können. Möglicherweise sei dieser

Mechanismus bei einer HIV-Infektion stärker ausgeprägt, vermuten die

Wissenschaftler. Es sei aber auch denkbar, dass der schlechte

Immunstatus unabhängig voneinander Mund, Herz und Gefäße,

beeinträchtige, erklärt Gelbrich.


Für ihre Arbeit wurde die Leipziger Zahnmedizinerin von der Deutschen

Gesellschaft für Zahnerhaltung (DGZ) mit dem 1. Platz in der Kategorie

Poster des DGZ-Jahresbestpreises geehrt, der mit 3.000 Euro dotiert ist.

Besondere Beachtung findet die Arbeit auch aufgrund der

fächerübergreifenden Leistung: „Die Zusammenarbeit dreier Disziplinen

HIV-Medizin, Kardiologie und Zahnheilkunde ist einzigartig und

beispielgebend“, sagt Professor Dr. med. dent. Karl-Heinz Dannhauer,

Direktor der Poliklinik für Kieferorthopädie am Universitätsklinikum

Leipzig.

 

Letzte Aktualisierung am Samstag, 10. September 2011

Aktuelle Implantat-Themen 


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Ganz besonders interessant dürfte unser neues Kapitel zum Thema "Sparen bei Zahnimplantaten" sein. Kann man mit dem Implantologen handeln? Ist Import-Zahnersatz die Lösung? Alle infos dazu in unserem Kapitel günstige Zahnimplantate.