Wissenschaftler der Technischen Universität Dresden entwickeln Implantate für den menschlichen Unterkiefer und endodontische Instrumentenspitzen aus Faserverbundwerkstoffen


Am Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik (ILK) der Technischen Universität Dresden arbeiten Wissenschaftler an der Entwicklung innovativer Produkte und Problemlösungen für medizintechnische Anwendungen. Die traditionellen Anwendungsfelder des Leichtbaus – Maschinen- und Anlagenbau, Automobilbau oder Luft- und Raumfahrt – haben sich um den Bereich Medizintechnik erweitert. Dabei spielen neben der Gewichtsreduzierung auch die anwendungsgerechte Dimensionierung der mechanischen Eigenschaften wie Steifigkeit und Festigkeit eine große Rolle.

Unterkiefer-Implantate aus CF/PEEK

In gemeinsamer Arbeit mit der Klinik und Poliklinik für Mund-, Kiefer- und Gesichtschirurgie des Universitätsklinikums der TU Dresden entwickelten die ILK-Wissenschaftler ein neuartiges Implantat für die individuelle Überbrückung von Unterkiefer-defekten. Ergebnis dieser Arbeit ist eine innovative Tragbandage aus kohlenstofffaserverstärktem Polyetheretherketon (CF/PEEK).

Die bei herkömmlichen metallischen Rekonstruktionsplatten schwer kontrollierbaren Komplikationen wie Plattenbruch, Schrauben-lockerung sowie orale oder extraorale Freilage der Platten führen immer zu einem vorzeitigen Funktionsverlust der Rekonstruktionsplatte. Diese Komplikationen können durch einen beanspruchungsgerecht abgestimmten Steifigkeitsverlauf im System „Knochen-Implantat-Knochen”, eine dem Knochen angepasste Kontur sowie durch den Einsatz moderner, biokompatibler Implantatwerkstoffe wie beispielsweise CF/PEEK verringert werden.

Die ILK-Wissenschaftler bildeten am Beispiel der Tragbandage die gesamte Wertschöpfungskette ab: Werkstoffdesign, Konstruktion, Simulation, Prozessentwicklung, Prototypenfertigung, Bauteilprüfung und Qualitätssicherung. Die Machbarkeit einer Tragbandage aus CF/PEEK konnte so nachgewiesen werden – ein entsprechendes Patent wurde bereits veröffentlicht. Die Forschungsergebnisse können nun in die Anwendung überführt werden.

 

Endodontische Instrumentenspitzen in Faserverbundbauweise

Bei der endodontischen Behandlung bakteriell infizierter Zahnwurzelkanäle ist die zuverlässige Entfernung nekrotischer Zahnsubstanz von besonderer Bedeutung. Neben mechanisch abtragenden Systemen haben sich Vibrationssysteme mit ultraschallerregten Instrumentenspitzen etabliert. In Kombination mit geeigneten Spülflüssigkeiten sowie der Nutzung ultraschallinduzierter hydrodynamischer Effekte wie etwa Kavitation ist es möglich, die Behandlungsdauer zu reduzieren.

 

Kommerziell verfügbare, kostenintensive Instrumentenspitzen aus Nickel-Titan-Legierungen erzielen zwar eine hohe Reinigungsleistung, neigen jedoch zu spontanem Werkstoffversagen. Systeme mit Kunststoffspitzen sind nach bisherigem Stand der Technik nicht in der Lage, genügend Schwingungsenergie bis in den Bereich der Wurzelspitze zu übertragen und können deshalb den Kavitationseffekt nicht nutzen.

 

Der Einsatz von geeigneten Faser-Kunststoff-Verbunden erlaubt die Entwicklung schadenstoleranter und kostengünstiger endodontischer Instrumentenspitzen mit hoher Reinigungsleistung. Die ILK-Wissenschaftler untersuchten vergleichend das Schwingungsverhalten faserverstärkter und konventioneller Instrumentenspitzen für verschiedene Materialkonfigurationen in Zahnwurzelkanalmodellen. Die Berechnungen und Tests zeigen für die neuartigen Instrumentenspitzen im Vergleich zu konventionellen Kunststoffspitzen eine signifikant höhere Reinigungsleistung und gegenüber Nickel-Titan-Spitzen ein deutlich schadenstoleranteres Strukturverhalten. Die Ergebnisse unterstreichen das hohe Potential von Faserverbundwerkstoffen für medizintechnische Anwendungen und können bei einer möglichen Übertragbarkeit auf ähnlich gelagerte Problemstellungen helfen, die Entwicklungszeit signifikant zu reduzieren.

 

Kontakt

Technische Universität Dresden 

Institut für Leichtbau und Kunststofftechnik 

Holbeinstr. 3 

01307 Dresden 

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E-Mail: ilk@mailbox.tu-dresden.de 

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Letzte Aktualisierung am Mittwoch, 13. Mai 2015