Gelatine ist gut für den Knochen(aufbau)


"ArcGel" (architectured hydrogel) heißt ein neues, aus aufgeschäumter Gelatine bestehendes, offenporiges Material, welches großen Knochendefekten, die nicht alleine zusammenwachsen wollen, eine dreidimensionale Brücke (und gleichzeitig Gerüst) für die Einwanderung von Knochenbildenden Zellen bietet.

„Iss Deinen Wackelpudding, das ist gut für Deine Knochen“, wer hätte gedacht, dass dieser gut gemeinte Spruch von „Muttern“ im weitesten Sinne auch aktuellen Erkenntnissen der Forscher des Teltower Instituts für Biomaterialforschung (Helmholtz-Zentrum Geesthacht), Forschern aus dem Zentrum für Regenerative Therapien (Berlin-Brandenburg), des Instituts der Chemie und Biochemie (Freie Universität Berlin), des Julius Wolff Instituts and Zentrums für Muskuloskeletale Chirurgie (Charité-Universitätsmedizin Berlin) sowie der Herzchirurgie-Klinik (Universität Rostock) entspricht. Mit ihrem neu entwickelten ArcGel sollen kritische Knochendefekte, die nach einem Unfall mit Trauma, nach Infektion oder nach einer Tumorresektion beim Menschen entstanden sind, besser heilen. 

Mangels adäquater Therapiemöglichkeiten für die Knochenregeneration größerer Knochendefekte steigerte sich das Forschungsinteresse und -bewusstsein für diesen Bereich sich in den letzten Jahren sehr. Auch die entstehenden Kosten und Folgeerkrankungsrisiken für Patienten, die sich chirurgischen Eingriffen zur Knochen-“reparatur“ unterziehen mussten, spielten eine große Rolle.
Knochenneuaufbau, also -regeneration wurde in der Fachwelt bisher eher mit Verfahren verbunden, in denen multipotente Stammzellen, bioaktive Faktoren wie u.a. auch Wachstumsfaktoren und unterschiedlichen Biomaterialien eingesetzt wurden. Doch viele der untersuchten Methoden führen nicht zu einem befriedigenden Knochenwiederaufbau. Die Entnahme und Transplantation von Knochen aus anderen Körperbereichen gilt nach wie vor als beste Methode, als Goldstandard, obwohl sie – wenn überhaupt ein ausreichend großes Stück entnommen werden kann – für Patienten sehr aufwendig und mit vielen gesundheitlichen Risiken verbunden ist.
Den Knochenzellen steht seit der Vorstellung der neuen Methode auf der Basis von geschäumter Gelatine und Lysin ein elastisches und trotzdem formstabiles Material zur Verfügung, in dessen rund 0,2 Millimeter große Poren sich neben Körperzellen auch noch Sauerstoff und Nährstoffe anlagern können. Das neue Verfahren wurde an Mäusen bereits getestet. Die Ergebnisse machen Hoffnung, dass das strukturierte dreidimensionale Hydrogel, welches ohne Stammzellen, ohne Wachstums- oder sonstige stimulierende Faktoren auskommt, auch bald beim Menschen angewendet werden kann. Ein chirurgischer Zweiteingriff zur Entnahme des Gelkörpers sei laut der bisherigen Aussagen der Forscher nicht notwendig, nach circa acht Wochen verschwinden zunächst die Zwischenwände der Poren und dann löst sich das Material vollständig auf.

Quelle:
Axel T. Neffe, Benjamin F. Pierce, Giuseppe Tronci, Nan Ma, Erik Pittermann, Tim Gebauer, Oliver Frank, Michael Schossig, Xun Xu, Bettina M. Willie, Michèle Forner, Agnes Ellinghaus, Jasmin Lienau, Georg N. Duda, and Andreas Lendlein?One Step Creation of Multifunctional 3D Architectured Hydrogels Inducing Bone Regeneration ?Advanced Materials, 2015, DOI: 10.1002/adma.201404787

Letzte Aktualisierung am Mittwoch, 06. Mai 2015